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CMOs unter Zugzwang – die 5 wichtigsten Themen für 2023

Wir haben fünf unterschiedliche Schlüsselthemen für CMOs identifiziert. 

Das erste Quartal des Jahres 2023 liegt schon hinter uns, und CMOs aller Branchen schauen mit Vorsicht auf die kommenden Monate oder sogar Jahre. Inflation, das sich schnell wandelnde politische und wirtschaftliche Umfeld, sich teilweise widersprechende Tendenzen bei Kunden und in der breiteren Gesellschaft – all dies schlägt sich auf die Agenden der CMOs nieder. Wachsende wirtschaftliche Unsicherheit bedeutet weniger Vorherseh- und Planbarkeit, aber auch die Möglichkeit für Führungskräfte, mit neuen Ansätzen zu glänzen: indem sie sich auf Kreativität und Innovationskraft besinnen, um mit weniger mehr zu erreichen. 

Gewisse Dinge sind hierbei Hygienefaktoren, andere Themen gewinnen jedoch an Relevanz. 

Der Aufbau einer starken Marke bspw. war schon immer von entscheidender Bedeutung, wird aber in Zeiten eines Konjunkturabschwungs noch wichtiger. Wenn Verbraucher sich zwischen mehreren Marken entscheiden müssen, bleiben sie eher bei denen, die sie bereits kennen und denen sie vertrauen – selbst dann, wenn ihnen günstigere Optionen angeboten werden. Daher fragen sich CMOs, wie sie am besten das Vertrauen der existierenden Kunden stärken und gleichzeitig neue Kunden gewinnen können. 

Fakt ist: Um Schritt zu halten, müssen CMOs schneller und agiler handeln und insbesondere Möglichkeiten finden, auf Veränderung zu reagieren. Gleichzeitig müssen sie bedachter handeln und eine tiefere Verbindung zu ihren Kunden schaffen; denn Verbraucher entscheiden weniger leichtfertig und viel bewusster über ihre Ausgaben als noch vor ein paar Jahren. 

Die Realität aber zeigt, viele halten den Anforderungen und dem Druck nicht stand. Die durchschnittliche Amtszeit eines CMOs liegt mittlerweile bei nur noch 40 Monaten – der niedrigste Wert seit einem Jahrzehnt. Welche Themen gilt es also für CMOs zu berücksichtigen, um den Anforderungen gerecht zu werden und dem wachsenden Druck stand zu halten? 

Wir haben fünf unterschiedliche Schlüsselthemen für CMOs identifiziert, die alle mit einem neuen Rollenverständnis einhergehen: 

  1. Kundenbindung forcieren – der CMO als Chief Customer Officer 
  2. Neue Wachstumswege finden – der CMO als Integrator 
  3. ESG ernst nehmen – der CMO als Vorreiter 
  4. Marken stärken trotz Abverkaufs Druck – der CMO als Wahrer der Marke 
  5. Resilienz leben – der CMO 2.0 

1. Kundenbindung forcieren – der CMO als Chief Customer Officer

In wirtschaftlich unsicheren Zeiten ist nichts wichtiger, als existierende Kundenstämme zu halten, die erste Wahl zu bleiben und Loyalität zu fördern. Ein differenziertes, personalisiertes und wertstiftendes Kundenerlebnis zu bieten ist also fundamental. Interaktion wird dabei eine große Rolle spielen, um Kunden auch über den Kauf hinaus, im Sinne des jeweiligen Markenversprechens, zu begleiten. Ein solches Erlebnis und eine interaktive Gemeinschaft, kann für alle Beteiligten gleichermaßen wertvoll sein; in wirtschaftlich unsicheren Zeiten stützt man sich, baut Vertrauen und Bindung auf, in späteren Wachstumsphasen können loyale Kunden dann wiederum als Multiplikator agieren. 

Um ein solches Kundenerlebnis bieten zu können, braucht es die richtige Infrastruktur und Daten (-Integration). Ein CMO muss also spätestens jetzt dieses Thema für sich besetzen und für eine sinnvolle Datenstrategie im Unternehmen sorgen. Sinnvoll bedeutet, dass mehr Daten nicht unbedingt bessere Ergebnisse generieren. Im Zweifelsfall geht Qualität vor Quantität. Viele CMOs ertrinken schon heute in wahren Datenfluten, aus denen sich keine konkreten Handlungsempfehlungen ableiten lassen. 

Fundamental sind aber nicht nur die richtigen Daten oder die richtige Datenqualität. Die neue Form zu arbeiten bedeutet konsequenterweise auch, die Organisation mit neuen Fähigkeiten auszustatten und Begeisterung für datengetriebenes Arbeiten zu entfachen. Die Fähigkeiten der eigenen Organisation voranzutreiben ist für CMOs also genauso notwendig, wie das Einstellen von Daten-Experten, die als Zugpferde die Transformation vorantreiben können. 

2. Neue Wachstumswege finden – der CMO als Integrator

Ein CMO bleibt dem Titel nach CMO, aber seine Kernaufgabe wird in Zukunft deutlich erweitert. Existierende Märkte werden in Nicht-Wachstumsphasen deutlich komprimiert und kompetitiver. Neues Wachstum zu generieren wird daher zum strategisches Muss. Diese Umstellung bringt neue Aufgaben und Chancen, sich zu beweisen. In den Vorständen liegt es nun immer öfters an den CMOs zu zeigen, dass sie weit über die Marketing-Funktion hinaus Verantwortung für Wachstum übernehmen können und wollen, indem sie neue Zielgruppen, Kundenbedürfnisse und Wachstumsmöglichkeiten identifizieren und in Angriff nehmen. 

Mit Wachstum als Kernaufgabe wandeln sich CMOs im Vorstand zu Integratoren, werden verbindende Kraft zwischen Vertrieb, Produkt und ESG. Dies bedeutet jedoch auch, dass typische Marketing Key Performance Indikatoren (KPIs) nicht mehr ausreichen – CMOs werden eine gemeinsame „Sprache“ mit den relevanten Funktionen finden müssen, bspw. über kommerzielle Indikatoren, damit das gesamte Team an einem Strang ziehen kann. 

3. ESG ernst nehmen – der CMO als Vorreiter

Regierungen, InvestorInnen, MitarbeiterInnen und KundInnen fordern weiter mehr Rechenschaft und Verantwortung von Unternehmen im Gesamtgefüge einer funktionierenden globalen Gesellschaft ein. ESG-Aktivitäten werden auch weiterhin unters Mikroskop gelegt, Schwächen eher früher als später aufgedeckt. Entsprechend wichtig ist es für CMOs, ESG als strategische Aufgabe ernst zu nehmen und Nachhaltigkeit als potenziellen Marktvorteil wahrzunehmen.   

Nachhaltigkeitsbotschaften auf der Verpackung, vollmundige Behauptungen, angebliche Transparenz zu Herkunftsort oder Wertschöpfungskette: Schnell werden heutzutage diese Botschaften als „Greenwashing“ entlarvt. Fakt ist, wer als ESG-Heuchler entdeckt wird, muss mit einem wahren Vertrauensverlust der Kunden rechnen. CMOs müssen also noch mehr als bisher darauf achten, ernstzunehmende Beweise für das ESG-Engagement ihrer Marken zu liefern – denn eines ist klar: die Anforderungen der Kunden in diesem Bereich sind hoch und werden weiter steigen. Sie werden in ihrer Wahl Unternehmen bevorzugen, die nachweisbar nachhaltige Produkte in den Markt bringen und dies auf verantwortungsvolle Art und Weise tun, inklusive der Unternehmensstrukturen, Produktionsprozesse und Materialherkunft. Die Erwartungshaltung geht also weit über die eigentliche Wertschöpfungskette hinaus. Themen wie Recycling und Re-use gehören inzwischen zu den Grundlagen des ESG-Gedankens. 

Die strategische Aufgabe ist also sehr viel tiefgreifender als nur einzelne ESG-Maßnahmen auszuführen. ESG als Markenversprechen muss erkannt und ernst genommen werden, und muss sich konsequent und in unterschiedlichen Bereichen des Kundenerlebnisses manifestieren. 

4. Marken stärken trotz Abverkaufsdruck – der CMO als Wahrer der Marke

Die Mischung zwischen Brand und Performance Marketing Budget ist wichtig und erfordert in schwierigen Wirtschaftszeiten besondere Aufmerksamkeit. Viele Unternehmen agieren hier ängstlich und bevorzugen kurzfristiges Demand-Marketing zu Lasten von längerfristigen Markeninitiativen. Auch wenn dies kurzfristig als gute Lösung erscheint, um auf den Druck von anderen Vorstandskollegen zu reagieren, so wird es sich langfristig als Fehler erweisen. Erfolgreiche CMOs werden den Markenaufbau nicht vernachlässigen, sondern bessere Möglichkeiten finden, die Marke als Wachstumsmotor einzusetzen. Hierzu werden sie verstärkt folgende Bereiche berücksichtigen und nutzen: 

  • Kontinuierliches Experimentieren: Es ist nachvollziehbar, dass man sich in schwierigen Zeiten auf Altbewährtes besinnt. Die Kunden machen es ja ebenso. Allerdings wird es sich trotz Budgetdrucks langfristig auszahlen neue Dinge auszuprobieren, neue Kanäle zu testen; mit einem agilen Ansatz und einer schnellen Reaktion inklusive Rebudgetierung, wenn ein Pilotprogramm nicht die erhofften Ziele bringt.
  • Channel Strategie: Die Welt der sozialen Medien ist in konstantem Umbruch, und keine Marke kommt an ihnen vorbei. Allerdings kann und sollte keine Marke überall vertreten sein. Aber alle Marken sollten wissen, wie und warum ihre Kunden soziale Medien nutzen, und ihre Aktivitäten entsprechend anpassen.
  • Reporting: CMOs werden sich vom Reporting von typischen Marketing-Kennzahlen abwenden und verstärkt auf wirkliche Geschäftsergebnisse setzen. Niemand im Vorstand möchte jetzt Klick-Zahlen hören, sondern wie sich diese Kennzahl auf die Verkaufszahlen ausgewirkt haben. Es geht darum, Kennzahlen zu nutzen und zu kommunizieren, die die vergangenen Anstrengungen objektiv bewerten und es ermöglichen, mit begrenzten Ressourcen bessere strategische Entscheidungen zu treffen.

5. Resilienz leben – der CMO 2.0

CMOs müssen ihre Rolle wie bereits erwähnt neu definieren – aber sie müssen auch persönlich eine neue Orientierung finden. Viele CMOs fühlen sich durch interne und externe Herausforderungen frustriert, haben das Gefühl, weniger kreativ arbeiten zu können als zuvor. Dabei haben ihre kreative Energie und ihr strategisches Denken sie dahin gebracht, wo sie heute sind. Doch plötzlich scheinen diese Themen weniger relevant und wertgeschätzt zu werden. Die Bewältigung von abteilungsweiten Burnouts und der potenziell schrumpfenden Motivation des Teams erfordert mehr Zeit und der gewisse Spaßfaktor ist verlorengegangen.

Erfolgreiche CMOs werden sich davon jedoch nicht unterkriegen lassen. Sie werden die Erfahrungen der letzten Jahre nutzen, um ihre Rolle und Karriereziele neu zu definieren; ihre Leidenschaft für das Marketing wieder zu entfachen. Ihr Ziel muss es sein, Resilienz zum persönlichen Mantra und damit zum aktiven Erfolgsfaktor zu machen. 


Abschließende Überlegungen

Zum Schluss lässt sich sagen, dass schwierige wirtschaftliche Zeiten und Einsparungsdruck oftmals erstaunliche Innovationen und Wandel fördern. Wir erwarten also ein interessantes Jahr, in dem CMOs das Vertrauen der Kunden durch Personalisierung und Interaktion stärken werden. Sie werden neue Wege finden, um Silos in der Organisation aufzubrechen und kreative Partnerschaften eingehen. Und sie werden ihre Marken durch durchdachte Experimente bereichern, und dabei auch in Zeiten der Rezession Wachstum generieren. 

FORSCHUNGS-STUDIE

Die besondere Bedeutung der Hersteller in der Bauzulieferindustrie

Das Wissen um die Bedürfnisse und Werttreiber der fünf Konsumgenerationen eröffnet neue Marktchancen für Hersteller – insbesondere in der jetzigen Konjunktur- und Marktsituation.

Wie stehen die fünf aktuellen Konsumgenerationen zum Thema Bauen und Wohnen? Welche Bedeutung haben für sie Themen wie Nachhaltigkeit, neue Services oder der Rat von Handwerkern? Und wie reagieren die Unternehmen der Bauzulieferindustrie auf die durch Corona und Krieg forcierten Probleme der Branche? Die KEYLENS-Bauexperten Daniela Maczassek, Dr. Stephan Schusser und Stephan Hirschsteiner beantworten im Interview unter anderem, was Bauzulieferer aus der jüngsten Umfrage unter 1.000 Konsumenten lernen können und wer für sie die wichtigste Leitzielgruppe ist. Sollten Sie weitere Details oder das Whitepaper zur Studie interessieren, können Sie dies gerne hier anfordern.

Frage: Nach 2018 und 2020 legt KEYLENS nun auch in diesem Jahr eine Studie über aktuelle Trends der Konsumgenerationen – wie etwa die Gen Z oder die Millennials – vor. Sie, Frau Maczassek, Herr Dr. Schusser und Herr Hirschsteiner, haben die Bereiche Bauen und Wohnen analysiert. Warum sind diese Ergebnisse wichtig für die Hersteller in der Bauzulieferindustrie?

Daniela Maczassek: Lange hatten die Hersteller der Bauzulieferindustrie im mehrstufigen Vertrieb kaum direkten Kontakt zu ihren Endkunden. Zwischen Hersteller und Endkunde positionieren sich u. a. Händler, Verarbeiter und Architekten. Sie waren lange direkter und vor allem einziger Kontakt für den Endkunden, wenn es um Bauen und Wohnen ging. Heute hat sich die Situation stark verändert. Endkunden orientieren sich immer mehr an der Herstellermarke, es ist ihnen wichtig, wer genau der Anbieter ist und für welche Werte dieser steht. Sie informieren sich auf den jeweiligen Anbieter-Webseiten und haben so einen direkten Kontakt zu den Herstellern. Wenn die Hersteller allerdings ihre Endkunden und insbesondere deren Bedürfnisse nicht richtig kennen, können sie diese nicht gezielt ansprechen und verlieren so schon zu Beginn der Customer Journey mögliche Interessenten.

Unsere Studie bietet den Herstellern wertvolle Kunden-Insights und hilft ihnen bei ihrer gezielten Endkundenausrichtung. Sie analysiert die fünf Konsumgenerationen – Silent Generation, Baby Boomer, Gen X, Millennials und Gen Z – nicht nur in ihrem Kauf- und Konsumverhalten, sondern auch in Bezug auf ihre Werte und Bedürfnisse. Die Hersteller können genau erkennen, wie sie ihre Kernzielgruppe(n) ansprechen sollten, damit diese sich verstanden fühlen und vom Hersteller als Unternehmen überzeugt werden. Ein konkretes Beispiel: Die Baby Boomer schätzen gute Umgangsformen und einen verantwortungsvollen Umgang mit der Welt. Diese Aspekte können gezielt im Endkundenkontakt (direkt oder via Vermarktung) aufgenommen werden.

Frage: Was sind für Sie die wichtigsten Erkenntnisse aus Ihrer Umfrage unter mehr als 1.000 Teilnehmern und wie haben sich Werte und Haltungen der Generationen verändert?                     

Daniela Maczassek: Auffällig ist, dass allen Generationen, verunsichert durch Corona und die Weltpolitik, traditionelle, immaterielle Werte wie Familie und Sicherheit wichtiger werden und sie somit in ihrer Wertebasis wieder enger zusammenrücken. Für die Gen Z, die jüngste Zielgruppe, zählen beruflicher Erfolg und Selbstverwirklichung – sie sind jetzt zum Großteil schon in ihren 20ern. Die Millennials sind eine der wichtigsten Leitzielgruppen für Unternehmen. Sie orientieren sich an neuen Trends und sie sind bereit, viel Geld zu investieren. Überraschend sind die Ergebnisse der Gen X, der Generation zwischen 40 und 55. Sie sind die Kernzielgruppe für das Thema Nachhaltigkeit. Sie favorisieren einen entsprechenden Lebensstil, wollen der Umwelt etwas zurückgeben und sind auch bereit, hierfür mehr Geld auszugeben. Diese spezifischen Informationen unserer aktuellen Studie sind etwa für Vermarktung, Bildsprache oder Tonalität der Hersteller enorm wichtig.

Frage: Nach Corona verschärft sich die Situation in der Branche nun durch die Folgen des Kriegs in der Ukraine, wie etwa rasant steigende Energie- und Rohstoffkosten, Lieferengpässe, fehlende Vorprodukte sowie steigende Bauzinsen. Wie reagieren die Unternehmen der Bauzulieferindustrie auf diese Probleme? Welchen Rat geben Sie?

Dr. Stephan Schusser: Die Gemengelage der Probleme ist in der Tat komplex, die Stimmung in der Branche kippt in einzelnen Gewerken. Schauen wir zunächst auf die Angebotsseite des Marktes: Die Unternehmen stehen vor multiplen Herausforderungen: Steigende Energie- und Rohstoffkosten, Lieferengpässe und fehlende Materialien belasten ihre Kalkulation und Rentabilität. Das Positive daran ist: Wir erwarten in den nächsten Jahren viele Innovationen, weil wir beobachten, wie Unternehmen aktuell ihren Mix an Vorprodukten und Materialien neu ausbalancieren und so Kosten reduzieren wollen. Zudem sehen wir, wie Sourcing-Strategien auf den Prüfstand gestellt werden: Weg vom Sourcing aus Fernost und hin zu regionalen Lieferanten-Hubs in Europa. Auch auf der Nachfrageseite steht die Bauindustrie einer Vielzahl von Herausforderungen gegenüber: Die Genehmigungszeiten sind weiterhin lang, die Fachkräfte fehlen. Es existieren Unsicherheiten über die Fortführung der Neubauförderung. So ergibt sich ein Zielkonflikt zwischen energetischem Bauen und bezahlbarem Wohnraum. Die Material- und Finanzierungskosten steigen für die Bauherren. Längerfristige Preiszusagen werden im Kontext permanenter Preissteigerungen immer seltener. All das mündet in einem Rückgang der Neubauplanungen und einer Verlangsamung von Sanierungsvorhaben, wie die aktuellen Neubauzahlen belegen. Umso wichtiger wird es deshalb für Hersteller, ihre Vermarktungsaktivitäten sehr fokussiert auf die Bedürfnisse und Zahlungsbereitschaften ihrer Zielgruppen auszurichten. Das Wissen um die Customer Journeys, um Werte und Entscheidungsverhalten der einzelnen Konsumgenerationen kann hier einen wertvollen Beitrag leisten.

Frage: Beobachten Sie, dass private Bauherren wegen der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten skeptischer werden und die Baunachfrage sinkt?

Dr. Stephan Schusser: Die Zahl der genehmigten Neubauwohnungen geht seit dem Frühsommer deutlich zurück, aber der Bauüberhang (genehmigte minus fertige Wohnungen) reicht mit gut 700.000 Wohnungen für zwei Jahresproduktionen. Der Preisindex für den Neubau von Wohngebäuden schnellt hoch – im Mai um 17,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr –, ein Resultat der steigenden Zinsen, des Fachkräftemangels, der teuren Vorprodukte und der Inflation. Zudem trübt sich die Verbraucherstimmung deutlich ein, der Pessimismus nimmt auch in der medialen Welt zu. In der Summe betrachten die Menschen Investitionen und damit geplante Bauprojekte skeptischer. Gleichwohl gibt es aber weiterhin Marktsegmente, seien es Gewerke oder Kunden, die aktuell und auch zukünftig weiterwachsen werden. Eine gezieltere Marktbearbeitung wird notwendig, um an diesem Wachstum zu partizipieren.

Frage: In Ihrer Umfrage haben Sie festgestellt, dass private Endkunden sich beim Neubau oder bei Renovierungen vor allem an etablierten Marken orientieren. Was zeichnet eine starke Marke in dieser Branche aus?

Stephan Hirschsteiner: Die Marke ist über alle Gewerke und Generationen hinweg ein sehr wichtiges Thema. Topwerte bei der Markenrelevanz von weit über 60 Prozent sehen wir bei Gewerken wie Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik oder im Bereich Sanitär. Selbst bei auf dem ersten Blick uninteressanten Gewerken wie etwa Baumaterialien oder Dachbaustoffe ist die Markenrelevanz mit Werten von über 50 Prozent immer noch hoch. Wenn wir unsere Ergebnisse nach Generationen differenzieren, sehen wir, dass die jeweilige Marke bei der Gen X und der Silent Generation (den Ältesten) eine besondere Rolle spielt (je nach Gewerk teilweise deutlich über 70 Prozent), während für die Gen Z (also die Jüngsten) Marken der Bauindustrie mit Werten zwischen 45 Prozent und 55 Prozent im Vergleich einen deutlich geringeren Stellenwert haben. Vermutlich ist für sie das Thema Bauen aufgrund ihrer Lebensphase und oft auch aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten noch ein Stück weit entfernt und daher noch nicht so relevant. Die Konsequenz, die sich aus dieser hohen Markenrelevanz für die Hersteller ergibt, ist, dass die Hersteller aller Gewerke für eine zukünftig erfolgreiche Marktbearbeitung ihre Marken „Endkunden-Ready“ aufstellen sollten. So können sie die Generationen gezielt ansprechen und ihre Marke so gestalten, dass sie für die Endkunden emotionalisierend und glaubwürdig ist. Ein weiteres interessantes Ergebnis ist, dass die Hersteller für die Endkunden im Rahmen der Informationsrecherche ein zentraler Anlaufpunkt sind. Die Anbieter aller Gewerke müssen daher ihre digitalen sowie analogen Informationskanäle in Bezug auf Ansprache, Inhalt und Erlebnis in einer durchgängigen Customer Journey gestalten – und das spezifisch für alle fünf Generationen. Hier können wir mit Schlussfolgerungen aus unserer Studie den Herstellern gute Ansatzpunkte zur Weiterentwicklung liefern.

Frage: Noch mehr als den Herstellern vertrauen Menschen aller Konsumgenerationen dem Rat der Fachhandwerker, die allerdings knapp und begehrt sind. Warum sind Handwerker glaubwürdiger als Hersteller?

Daniela Maczassek: Tatsächlich ist es so, dass generationenübergreifend zwei Drittel der Befragten in unserer Umfrage angegeben haben, dass sie schlussendlich am Ende ihres Entscheidungsprozesses auf die Empfehlung ihres Fachhandwerkers vertrauen – bei denjenigen, die sich Vorab-Informationen bei Herstellern suchen, sind es sogar über 80 Prozent. Ich denke, dieses Ergebnis liegt jedoch nicht daran, dass der Handwerker per se glaubwürdiger ist, sondern dass zu ihm vor Ort ein persönlicher Kontakt aufgebaut werden kann. Der Handwerker kommt meist aus der Region und es entsteht eine zwischenmenschliche Beziehung, in deren Rahmen Informationen und Argumente ganz anders vermittelt werden können als bei einer Informationsrecherche, die zum Großteil online erfolgt. Wie dies in Zukunft aussieht, wenn Hersteller ihre Geschäftsmodelle immer mehr auf Endkunden ausrichten, steht auf einem anderen Blatt Papier und wird sicherlich noch sehr spannend für die Branche.

Frage: Welche Rolle spielen Familie und Freunde bei Bau- und Wohnentscheidungen?

Daniela Maczassek: Sie haben bei der Auswahl der Marke die wichtigste Rolle – generationenübergreifend, aber insbesondere bei den Millennials. Gerade im Premium- und Luxussegment wird nicht ausschließlich auf Google-Rezensionen vertraut, sondern es wird auf Erfahrungen von Freunden und Familie gesetzt. Man ist sich sicher, dass diese denselben Anspruch haben, sodass ihrem Rat besonders vertraut wird. Je teurer die Investition, desto wichtiger ist die Empfehlung von Familie, Freunden und Bekannten.

Frage: Ihre Umfrage zeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit für Endkunden bedeutend ist. Die Branche gibt sich hierbei offenbar noch zurückhaltend. Was muss sich ändern, damit die Relevanz der Nachhaltigkeit bei allen Beteiligten ernsthaft beachtet wird?

Stephan Hirschsteiner: Generell ist das Thema Nachhaltigkeit laut unserer Studie für alle Generationen wichtig, bei den Älteren – also Gen X bis Silent Generation – allerdings deutlich mehr (zwei Drittel) als bei den Jüngeren (Gen Z und Millennials). Hier meinen „nur“ 50 Prozent, Nachhaltigkeit beim Bauen sei ihnen besonders wichtig. Es hat uns natürlich überrascht, dass angesichts der breiten Fridays for Future-Bewegung der Stellenwert der Nachhaltigkeit beim Bauen für Junge geringer als für Ältere ist. Aber dies mag, wie bei dem vorhin diskutierten Thema der Markenrelevanz, daran liegen, dass das Thema Bauen für sie noch nicht sehr nahe liegt. Dennoch müssen Hersteller sich klarer zum Thema Nachhaltigkeit positionieren und transparent machen, wie sie mit dieser elementaren Zukunftsfrage umgehen – auch das ist eine klare Forderung aller Generationen. Besonders deutlich wird dieses Spannungsfeld, wenn wir sehen, dass generationenübergreifend fast 60 Prozent der Endkunden das Gefühl haben, von den Herstellern nicht ausreichend genug zum Thema Nachhaltigkeit, zum Beispiel was mögliche nachhaltige Lösungen für die Baustelle oder die unternehmensweite Positionierung und Aktivitäten in diesem Kontext angeht, informiert zu werden. Immerhin sind etwa drei Viertel der von uns befragten Endkunden mit einer Relevanz für das Thema Nachhaltigkeit beim Bau bereit, für nachhaltige Materialien und Produkte auch höhere Preise zu bezahlen. Diese Aussage ist natürlich mit etwas Vorsicht zu genießen, mindestens kann man hieraus aber ableiten, dass zukünftig bei einer gewissen Zielgruppe Produkte, denen der Aspekt Nachhaltigkeit fehlt, bei vergleichbarem Preisniveau aus dem Relevant Set fallen.

Frage: Bei etlichen Kunden gibt es Interesse an zusätzlichen Services der Hersteller. Besonders favorisiert werden sogenannte Rundum-sorglos-Pakete, wie etwa Mietmodelle von Heizungen zu einem festen monatlichen Preis. Die Anlage müsste dann nicht erworben werden und das technische Risiko sowie die Wartung blieben beim Hersteller. Meinen Sie, dass solche Servicemodelle breiten Zuspruch finden können, und wie sollten sich Hersteller bei diesem Punkt positionieren?

Dr. Stephan Schusser: Auch in der Bauindustrie erleben wir den Trend, dass Kunden Aspekte wie Convenience und Effizienz wichtiger werden. Kaum einer hat Lust, sich im Detail mit seiner Heizung zu beschäftigen. Endkunden fragen, ob es Alternativen zu den hohen Investitionen für einen Erwerb gibt, zumal sich die Produkte über die Jahre schnell modernisieren. Macht es da nicht Sinn, eine Anlage zu mieten? In unserer Umfrage haben wir deutlich gesehen, dass generationenübergreifend ein hohes Interesse an diesen Services besteht (57 Prozent) – bei der Silent Generation ist dieser Wunsch am stärksten ausgeprägt. Für attraktive Angebote sind die Kunden daher auch bereit, persönliche Daten zur Verfügung zu stellen. Wir sind sicher, dass es für neue, intelligente Services in der Bauindustrie eine große Nachfrage geben wird.

Das Interview führte Andreas Nöltingwww.noeltingmedia.com

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von KEYLENS veröffentlicht, heute Teil der Prophet Germany GmbH

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Die besondere Bedeutung der Hersteller in der Bauzulieferindustrie

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FORSCHUNGS-STUDIE

Luxus in der privaten Wohlfühlzone

Unter dem Einfluss gesellschaftlicher, geo-politischer und ökonomischer Entwicklungen und Aussichten, bilden elementare Werte wie finanzielle Unabhängigkeit, Familie & Partnerschaft, Gesundheit und Sicherheit den Kern des aktuellen Luxusverständnisses – und einen damit alle fünf Konsumgenerationen.

Kirsten Feld-Tuerkis und Dr. Jörg Meurer von KEYLENS, a Prophet Company, erklären im Interview, weshalb immaterielle Werte wahrer Luxus sind, wie sich die Konsumententypen unterscheiden und welche Implikationen sich aus dem Kaufverhalten für Management, Unternehmen sowie Geschäftsmodelle ergeben.

Frage: Frau Feld-Türkis, Herr Meurer, nach 2018 und 2020 legt KEYLENS nun auch in diesem Jahr eine Studie über aktuelle Trends der Konsumgenerationen – wie etwa die Gen Z oder die Millennials – vor. Was ist Ihre Motivation dabei? Wie kamen Sie auf dieses Thema?

Jörg Meurer: Wir haben vor einigen Jahren erkannt, dass im Verstehen von Konsumgenerationen ein großer Wert für Unternehmen liegt. Bis dahin war es in der Marktforschung üblich, mit unterschiedlichen qualitativen Milieus oder Segmenten zu arbeiten. Wir beobachteten aber, dass wir fünf unterschiedliche, lebende Konsumgenerationen haben – die Silent Generation, die Baby Boomer, die Gen X, die Millennials und die Gen Z. Die beiden jüngsten Generationen sind in der Art wie sie kaufen, suchen und entscheiden so fundamental anders, dass davon für die Geschäftsmodelle und die Transformation der Unternehmen massive Konsequenzen ausgehen. Als Strategieberater finden wir diese Erkenntnis derart spannend und fesselnd, dass wir genau auf diese Perspektive setzen.

Frage: Wie unterscheiden sich die Konsumtrends und die Einstellungen der Generationen über die Jahre? Was sind für Sie die überraschendsten Veränderungen der aktuellen Umfrage unter mehr als 1.000 Teilnehmern und wo unterscheiden sich die Generationen signifikant?

Kirsten Feld-Türkis: Das Pendel schlägt zurück. 2018 lagen die Wertbilder der verschiedenen Generationen noch weit auseinander, sie waren deutlich differenzierter. Mit der Pandemie haben sich die Basiswerte synchronisiert, überlappen sich wieder mehr. Die für alle elementaren Themen sind die Bedeutung von Familie, Partnerschaft und Sicherheit. Sie belegen über die fünf Generationen hinweg die vordersten Plätze. Deutlich größere Unterschiede gibt es im Kaufverhalten, und das ist für Unternehmen interessant zu beobachten.

Frage: Sie konzentrieren sich bei Ihrer Umfrage auf das Upper Segment, also das oberste Drittel der Einkommen in Deutschland. Welche Bedeutung hat in Kriegs- und Inflationszeiten das Thema Luxus wie Schmuck oder hochwertige Reisen für Konsumenten? Ist Luxus in diesen Zeiten dekadent oder ein willkommener Zufluchtsort auch im Sinne von wertstabilen Anlagen?

Jörg Meurer: Es gibt nicht die eine Antwort. Es ist ein sowohl als auch, denn es existiert nicht mehr eine einheitliche Definition von Luxus – mittlerweile kennen wir drei Ausprägungsformen, man kann auch sagen Entwicklungsstufen des Luxus: Besitz-Luxus, Erlebnis-Luxus und Sinn-Luxus. Die Menschen beginnen in der Tat wieder Luxusgüter als Wertanlage zu kaufen, die Inflation aber auch Kriegsängste und die Energiekrise sind hier Treiber. Daneben ist ein wichtiges Motiv, sich selbst oder anderen eine Freude zu bereiten, wenn die Welt schon so unsicher ist. Auch hochwertige Luxusreisen bekommen wieder eine enorme Bedeutung für die Menschen, die lange nicht reisen durften. Ein sehr wichtiger Aspekt für unternehmerische Strategien im Luxussegment ist auch, dass die Definition von Luxus nicht nur hochindividuell, sondern zudem sehr dynamisch ist und sich innerhalb kurzer Zeit verändern kann.

Frage: Wahrer Luxus ist immateriell, Zeit sei der neue Luxus, schreiben Sie, und beobachten, wie immaterielle Werte auf Top-Scores steigen. Man zeigt allerdings nur ungern, was man hat. Wie passt bewusster Verzicht zu den Geschäftsmodellen von Cartier, Gucci oder Wempe?

Kirsten Feld-Türkis: Im Schmuck und Uhrenbereich sehen wir, dass die Menschen zwar weniger kaufen, dafür aber deutlich hochwertiger. Immaterielle Werte, die Relevanz von Zeit, Partnerschaft und Familie sind wichtig. Die Menschen gehen zwar nicht mehr so häufig zum Juwelier, aber wenn, dann gönnen Sie sich oder ihrer Familie etwas Besonderes. Auch die Vermarktung muss sich ändern. Luxuskonsum funktioniert heute anders als vor zehn Jahren. Gerade Luxusmarken müssen das Thema Sinn und Purpose deutlich machen und vermitteln, dass gerade sie auch für immaterielle Werte stehen. Die Uhrenmarke Patek Philip etwa wirbt geschickt mit Inhalten wie: Sie kaufen eine wertvolle Uhr von hoher Handwerkskunst, die Sie an die nächste Generationen Ihrer Kinder weitergeben können. Die perfekte Verbindung.

Jörg Meurer: Luxus ist immer das, was knapp ist. So kommt man unmittelbar zu Themen wie Zeit, Beziehungsqualität oder Gesundheit.  Das physisch und psychisch gesunde Leben ist eben keine Selbstverständlichkeit mehr. Deshalb betrachten wir Themen wie Zeit oder eine glückliche Beziehung als Luxus. Dann gibt es die Kategorie Luxus im Sinne von Luxusgütern. Diese Produkte werden dennoch gekauft. Es ist eben kein Widerspruch immaterielle Werte als Luxus zu empfinden und gleichzeitig Rolex als eine besonders schöne Uhr zu sehen.

Frage: Sie schreiben von einem Zusammenrücken der Generationen und beobachten eine Hinwendung zu traditionellen Werten, die das „optimierte Selbst“ ablösen. Früher haben sich Generationen stark differenziert, nun gibt es in allen Generationen einen Trend zur Familie, die wichtiger sei als ein großer Freundeskreis. Was hat diese Wertverschiebung ausgelöst und was bedeutet sie für die Markenführung von Unternehmen?

Kirsten Feld-Türkis: Die Pandemie war eine Art Chancengeber und Wiederbeleber der traditionellen Werte. Viele Aktivitäten konnten wegen der Lockdowns nicht stattfinden. Das hat den Menschen die Möglichkeit gegeben, eine neue Wertschätzung traditioneller Werte zu entwickeln. In der Pandemie haben die Menschen mit Freunden gekocht, gute Gespräche geführt und sich auf offene Art und Weise ausgetauscht. Wie schön solche Treffen sind, haben viele da erst wieder realisiert und schätzen gelernt. Deshalb ist Zeit mit engen Freunden und Familie ihnen nun so wichtig. Die private Wohlfühlzone.

Frage: Erstaunlich ist auch, dass das Thema Nachhaltigkeit an Bedeutung verloren hat. Für das Gros der jüngeren Menschen zählt Nachhaltigkeit nicht einmal zu den Top-Ten-Werten, anders bei der Silent Generation. Bremsen Pandemie, Inflation und Krieg das Thema Klimaschutz, ist Nachhaltigkeit ein Thema für nur ganz wenige?

Kirsten Feld-Türkis: Es ist tatsächlich so, dass die Generationen sich unterschiedlich zum Thema Nachhaltigkeit verhalten. Man sollte vermuten, geleitet von z.B. den Fridays for Future, dass die Jungen hier besonders aktiv sind. Diese Bewegungen sind jedoch insgesamt nur für wenige repräsentativ. Wir erleben hier besonders den vielzitierten „value-action-gap“ – die Lücke zwischen Haltung und Handeln. Die Älteren hingegen – allen voran die Baby Boomer – haben eine höhere Bereitschaft zu handeln und sehen bewussten persönlichen Verzicht zugunsten von Umwelt und Nachhaltigkeit als souveräne Ausprägung von Lebensqualität.  Die Millennials wiederum werden oft als die Hungrigen bezeichnet, sie wollen noch viel erleben und nicht verzichten. Entsprechend hat diese Generation in unserer Umfrage die geringste Ausprägung zum Thema Nachhaltigkeit. Ein für uns spannendes Ergebnis ist, dass die Gen X bereits am stärksten auch bewusstes Kaufverhalten zeigt und sich somit als Leitzielgruppe für nachhaltigen Konsum entwickeln könnte.  

Jörg Meurer: Die Älteren sind souveräner, haben nicht mehr viel zu verpassen und können es sich leisten, bewusst auf Konsum zu verzichten und zu sagen, ich mache dies oder das eben nicht. Eine Art persönlicher Luxus. Wir nennen diese Weiterentwicklung des persönlichen Luxus „Contributing“ oder „giving back“– also der Gesellschaft im Alter etwas zurückgeben. Tragisch ist es insgesamt zu beobachten, dass die Relevanz des Themas Nachhaltigkeit in der Pandemie abgenommen hat.

Frage: Welche Implikationen haben Ihre Umfrage-Ergebnisse für die Strategie, die Führung und die Personalpolitik von Konzernen?

Jörg Meurer: Uns sind folgende Punkte für Management und Unternehmen wichtig:

  • Nachhaltigkeitskompetenz stärken: Unternehmen müssen substanzielle Inhalte und Fingerspitzengefühl für den individuellen Mindset der potenziellen Kaufzielgruppen entwickeln. Nachhaltigkeit sollte in einen vorwärts gerichteten Kontext gestellt und nicht nur als Verzicht gesehen werden.
  • Employer Branding: Wir sehen den Trend von der Work-Life-Balance zu einer Life-Work-Balance- das ist ein Paradigmenwechsel bei einer ur-deutschen Lebenshaltung. Lange haben Unternehmer die Absatzmärkte als zentralen Engpass der Unternehmensführung begriffen. Heute ist ein mindestens gleichbedeutender Erfolgsfaktor, gutes, motiviertes Personal zu gewinnen und an sich zu binden.
  • Die konsequent durchgestylte phygitale Customer Journey ist alternativlos. Marken-, Such- und Kauferlebnisse müssen schnellstens auf das Niveau des neuen Konsumverhaltens gebracht werden. Physischer Kontakt wird eben nicht komplett abgelöst durch digitale Momente. Selbst für junge Menschen haben Kauferlebnisse in einem coolen Laden eine enorme Bedeutung.

Das Interview führte Andreas Nöltingwww.noeltingmedia.com

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von KEYLENS veröffentlicht, heute Teil der Prophet Germany GmbH

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KEYLENS-Studie: Luxus in der privaten Wohlfühlzone

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Lead Management in B2C- und B2B-Unternehmen

Wie Ihr Unternehmen eine datenbasierte Vermarktungsstrategie gezielt zur Kundengewinnung nutzen kann.

Wer im Marketing die Möglichkeiten der digitalen Welt effizient nutzen und neue Kund:innen gewinnen möchte, der kommt um das Thema Lead Management nicht herum. Gab es in den meisten Unternehmen bislang noch ein recht traditionelles Verständnis vom Marketing (eher Brand Marketing, weniger Performance Marketing), hat die Pandemie das vieldiskutierte Thema rasant in den Vordergrund und auf den Projektlisten der Unternehmen weit nach oben katapultiert. Marken sollten eben viel mehr als bisher in die direkte Kommunikation mit ihren Käufer:innen gehen, mehr über sie wissen und ihnen passende Inhalte anbieten.

Weg vom Bauchgefühl hin zu einer datenbasierten Vermarktungsstrategie

Doch was genau bedeutet Lead Management und in welchen Branchen, für welche Marken ist dieser Ansatz besonders sinnvoll? Ein Lead ist der Kontakt einer Person mit einer Marke. Ein Lead ist also ein potenzieller Kunde, der das Interesse an dem jeweiligen Service oder einer bestimmten Marke durch digitale Spuren gezeigt hat – etwa das Lesen eines Newsletters oder durch den Besuch einer Homepage. Als Lead Management gelten dann alle Aktivitäten oder strukturierten Prozesse, die aus dem anonymen Kontakt eine/n zahlende/n Kund:in macht, also die komplette Strecke vom ersten Kontakt bis zum Kauf in Griff hat.

Entscheidend bei diesem Prozess ist das Sammeln personenbezogener Daten, auf deren Basis die Interessen des/r potenziellen Kund:in beobachtet und konsequent verfolgt werden können. Daten können insbesondere dann gesammelt und ausgewertet werden, wenn der Kontakt die Zustimmung (Consent) zur direkten Ansprache gegeben hat – die Einhaltung des Rechtsrahmens ist gerade in Deutschland sehr wichtig. Über Newsletter, Checklisten, Fragebögen oder Informationen zu neuen Produkten wird der/die potenzielle Kund:in an die jeweilige Marke und schließlich den Kauf herangeführt.

„Über ein derart strukturiertes Lead Management verfügen nicht einmal 10 Prozent aller Unternehmen.“

So entsteht ein transparentes System, mit dem sich der Reifegrad des Leads definieren, beobachten und bewerten lässt (Lead Scoring) – man bewegt sich also weg vom Bauchgefühl hin zu einer datenbasierten Vermarktungsstrategie. Über ein derart strukturiertes Lead Management verfügen laut Schätzung von Expertin Vera Kuhlo nicht einmal 10 Prozent aller Unternehmen in Deutschland.

In welchen Branchen ist gutes Lead Management besonders wichtig?

Besonders sinnvoll ist dieser Analyse-Ansatz in B2C-Branchen mit teuren, edlen Marken oder Services – also etwa Luxus, Schmuck, Autos, Küchen oder auch Schiffsreisen. Mit dem Kauf von hochpreisigen Produkten beschäftigen sich Interessent:innen häufig sehr lange und intensiv, die Lead-Zeit ist entsprechend lang. Im Luxusbereich kann es bis zu zwei Jahre dauern, bis aus einem Lead tatsächlich ein zahlender Kunde wird. Die Interessent:innen erwarten, dass sie über die gesamte Zeit Content und Infos erhalten, emotional mitgenommen werden.

„Wenn wir heute einen Lead generieren, heißt es auch bei uns nicht, dass dieser morgen gleich eine Reise bucht. Der Vorlauf vom ersten Kontakt bis zur Buchung kann schnell zwei Jahre dauern. Das Thema Effizienz ist dabei noch entscheidender als vorher“, sagt etwa Carsten Sühring, Vertriebsleitung bei Hapag-Lloyd Cruises, dem Fachmagazin markenartikel. Und Wolfram Gast, Chief Digital Officer von Poll Immobilen, meint: „Unablässig bei allen Schritten ist eine umfassende Erfolgsmessung – die Basis für unsere zunehmende datengetriebene Service- und Produktentwicklung. Nur so können wir uns permanent überprüfen und optimieren.“

Lead Management auch für den B2B-Bereich sehr sinnvoll

Während das Thema Lead Management zunächst in der digitalen Welt Anwendung fand, erkennen die Unternehmen nun immer mehr, dass es ebenso in analogen Strukturen genutzt werden kann und im Idealfall ein kombiniertes und nahtloses Lead Management zwischen beiden Bereichen geben sollte. Mehr und mehr Marken haben auch im B2B Bereich gelernt, dass das reine Produkt nicht mehr ausreicht – zugehörige Services und Inhalte müssen individueller angeboten werden als das ursprüngliche Standardprodukt. 

Im B2B-Bereich wie etwa der Bauindustrie läuft der Vertrieb häufig nach wie vor über den traditionellen Außendienst – auch wenn die Pandemie hier schon einiges verändert hat, ist es im Zweifelsfall der Außendienstler, der seine (potenziellen) Kund:innen am besten kennt, und sie so mit speziellen Inhalten erreichen kann. Zwar werden die direkten menschlichen Kontakte niemals wegfallen, aber digitale Tools bieten teilweise ganz andere Möglichkeiten des Lead Management. In der Pharma-Industrie zählt besonders das Expertenwissen – aber dieses kann inzwischen auf sehr unterschiedlichen Kanälen übermittelt werden. Und um die Inhalte relevant und leadspezifisch zu machen, ist es schon wichtig zu wissen, ob ein bestimmter Kontakt gerade von der Universität kommt, oder seit 35 Jahren in einer Klinik arbeitet. Farb- und Autolackhersteller arbeiten ebenfalls teilweise mit Leadzeiten von mehreren Jahren und die Anzahl der potenziellen Einkäufer:innen auf Kundenseite ist teilweise limitiert – umso wichtiger ist ein ordentliches Lead Management vom Erstkontakt an. Kein Unternehmen möchte es heute noch riskieren, dass ein erfolgreicher Außendienstler nach seinem Ausscheiden auch sein gesamtes Kundenwissen mitnimmt.

Wie kann Ihr Unternehmen Lead Management erfolgreich für sich nutzen?

Wie aber kann ein Unternehmen das Thema Lead Management im Unternehmen einführen und erfolgreich aufbauen. Welche Punkte sind dabei zu beachten? Und wie wichtig ist das Thema Technik?

Lead Management reißt die tradierten Grenzen zwischen Marke, Marketing, Vertrieb und Technologie ein. Die hier erforderlichen neuen Workflows passen häufig nicht mehr ins Korsett starrer Abteilungsgrenzen und erfordern neue Organisationsstrukturen. Der Chief Marketing Officer der Zukunft braucht Querschnittskompetenzen.

  • Es gibt erstaunlich viel positiven Handlungsbedarf beim Datenschutz. Hier sind gerade Luxusmarken oftmals restriktiver bei der Datennutzung als rechtlich erforderlich. Schon eine sogenannte vorvertragliche Vereinbarung kann beispielsweise ausreichen, um Interessent:innen per E-Mail anschreiben zu dürfen – ohne weiteres Opt-in.
  • Gleichklang von Marketing/Vertrieb und IT/Technik – der Aufbau eines performanten Lead Managements funktioniert nur, wenn beide Kompetenzfelder Hand in Hand gehen. Sonst drohen entweder schöne Konzepte ohne datenseitige Umsetzbarkeit oder im Extremfall Lähmung durch mehrjährige Datenprojekte. Besser sind ein mutiges, geteiltes Zielbild und pragmatische erste Umsetzungen, die Erfolge aufweisen – zum Beispiel eine funktionierende Lead-Schnittstelle zwischen Social Media, E-Mail-Marketing und der CRM-Datenbank.

„Der traditionelle KPI-Ansatz – ich investiere jetzt die Summe 10 und erhalte morgen 10 + x zurück – ist überholt. ”

Noch wichtiger als das die technologischen Herausforderungen, die in der Regel beherrschbar sind, ist es bei allen Verantwortlichen im Unternehmen von einer transaktionalen Denke zu einer relationalen Sichtweise zu kommen. Der traditionelle KPI-Ansatz – ich investiere jetzt die Summe 10 und erhalte morgen 10 + x zurück – ist überholt. Die Erfolge von Geschäftsführung und Mitarbeiter:innen werden noch immer vorrangig an Umsätzen gemessen. Diese Sicht ist aber zu kurzfristig. Ein Lead ohne Umsatz ist eben auch ein Asset, hat einen Wert. Denn hier wird ein/e potenzielle/r Kund:in aufgebaut, der/die womöglich erst in zwei Jahren eine Kreuzfahrt bucht, eine neue Küche kauft oder einen Service in Anspruch nimmt.

Und hier darf eine entscheidende Sache nicht vergessen werden: Personalisierung ist schön und gut und von den allermeisten Kund:innen sogar gewünscht, doch selbst wenn man bereits sehr genau weiß, wer der Lead ist und wie er tickt, stellt sich noch immer die Frage, was genau dieser Person nun kommuniziert werden soll. Content und Informationen sollten daher zur Positionierung und Strategie des Unternehmens passen und auf einem ganzheitlichen Kommunikationskonzept beruhen, welches auch unterhaltsames Storytelling zulässt.


Abschließende Überlegungen

Lead Management bedeutet, bereits heute an die Kund:innen von morgen zu denken. Unsere Expert:innen unterstützen Sie beim Aufbau einer datenbasierten Vermarktungsstrategie für Ihr Unternehmen.

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Interview zur Luxusstudie „Juwelier der Zukunft“

Dr. Jörg Meurer und Jan Döring über die neusten Entwicklungen im Luxusmarkt

Journalist Andreas Nölting im Gespräch mit den Luxusexperten Dr. Jörg Meurer von Keylens, a Prophet company, und Jan Döring von Prophet zu den Ergebnissen der kürzlich veröffentlichten Luxusstudie.

Dr. Meurer, Sie haben gemeinsam mit Dr. Julia Riedmeier von CODE \ LUXE eine Studie zum Thema „Juwelier der Zukunft“ veröffentlicht und Kernthemen der Branche wie Marke, Kunde, Digitalisierung oder Verkaufen analysiert. Und Sie, Herr Döring, sind ein ebenso ausgewiesener Experte und Stratege für das Thema Luxus. An Sie beide die Frage: Wie gut sind Juweliere oder auch Luxuskonzerne angesichts von Herausforderungen wie Digitalisierung, Corona oder Krieg auf die kommenden Jahre vorbereitet?

Jörg Meurer: Es gibt ein treffendes Wort, das die Unsicherheit der Branche auf den Punkt bringt: VUCA. Es beschreibt sehr schön den aktuellen Zustand der Welt: volatil, uncertain, complex und ambiguous. In einem solchen Umfeld bewegt sich auch der Luxus-Markt. Neue digitale Wettbewerber betreten das Spielfeld, der E-Commerce boomt, die junge Generation wird als Konsument wichtiger und die Juweliers-Anzahl geht kontinuierlich zurück.  Wenn wir allerdings das stabile Segment der Premium-Juweliere betrachten, die sich mit Luxus-Schmuck und edlen Uhren beschäftigen, sehen wir, dass diese Unternehmen durchaus Krisengewinner sind. Sie haben von der Corona Entwicklung und der Unsicherheit profitiert. Angesichts von Inflations- und Kriegsangst wird diese Entwicklung weiter genährt. Luxusobjekte scheinen der sichere Hafen zu sein, der Halt in herausfordernden Zeiten gibt. Bei Themen wie Digitalisierung und neue, junge Zielgruppen haben die meisten Juweliere allerdings noch großen Handlungsbedarf.

Jan Döring: Der stationäre Handel in Deutschland ist noch oft transaktional und kaum emotional aufgestellt. Der Fokus liegt auf dem Produkt, weniger auf dem Erlebnis. Die Juweliere sollten sich zu einem Lifestyle-Unternehmen wandeln und diese Haltung auch im Netz zeigen. Ich beobachte häufig, dass Luxusmarken mit Second-Hand-Artikeln zusammen getragen werden. Es wird frei gemischt, Hauptsache man fühlt sich wohl bei seinem persönlichen Style. Juweliere bleiben gerne in ihrem Hochpreissegment, alles ist eher einheitlich, es wird kaum variiert. Es fehlen coole Accessoires, mit denen man seinen eigenen Stil kreieren kann. Gerade junge Konsumenten, so glaube ich, interessiert mehr der individuelle Style als der pure Luxus. Zudem beobachte ich, dass am Point of Sale nicht viel passiert, alles wirkt verstaubt und statisch. Dabei schauen die Kunden nicht unbedingt nur nach sehr teuren Marken, sondern sie suchen ein Erlebnis.

“Gerade junge Menschen wollen wissen, wie nachhaltig die Hersteller arbeiten. Sie wollen eben keine Diamanten, die durch Kinderarbeit gefördert werden. Sie fordern einen Purpose und wollen Themen wie Nachhaltigkeit und Achtsamkeit mit Luxus verbinden.”

Woher kommt der besondere Reiz des Luxus?

Jörg Meurer: Luxus definiert sich immer aus Knappheit. Wenn etwas rar und begehret erscheint, ist es teuer und für wenige erschwinglich. Das ist Luxus. Früher galt der Besitz etwa von großen Autos oder Yachten als Luxus. Heute zählt das Erlebnis. Ich sammle eben nicht teure Gegenstände, sondern besondere Erlebnisse – etwa, dass ich die Antarktis bereist habe, den Amazonas heruntergefahren bin oder ganz besonderen Wein trinke. Nun gehen wir noch einen Schritt weiter, suchen einen tieferen Sinn im Luxus und interessieren uns für die Unternehmen, die hinter dem Phänomen Luxus stehen. Gerade junge Menschen wollen wissen, wie nachhaltig die Hersteller arbeiten. Sie wollen eben keine Diamanten, die durch Kinderarbeit gefördert werden. Sie fordern einen Purpose und wollen Themen wie Nachhaltigkeit und Achtsamkeit mit Luxus verbinden.

Wie sollten Juweliere und Hersteller auf diese Sinnsuche reagieren, beobachten wir gerade einen fundamentalen Trend oder ein Modephänomen?

Jan Döring: Nachhaltigkeit muss nicht langweilig sein. Die Juweliere sollten nicht befürchten, dass ihr Shop Glanz und Glamour verlieren könnte. Themen wir Achtsamkeit und Nachhaltigkeit kann man auch verlockend verpacken. Die Juweliere sind eigentlich Meister der kreativen Darstellung. Von dieser Kreativität können auch globale Luxuskonzerne – ob es nun Kleidung oder Reisen sind – sich etwas abschauen und von den Erfahrungen der Juweliere lernen.  Aber im Moment schrecken sie vor diesem Thema zurück, sie trauen sich nicht und verstehen kaum, dass Sustainability auch etwas Aufregendes sein kann. Juweliere sollten daher die Betonung der Nachhaltigkeit ihres Sortiments viel mehr in das Zentrum ihres Tuns und Handelns stellen. Ihnen fehlt vielleicht das richtige Storytelling.

Jörg Meurer: Wir haben für unsere Studie etliche jungen Menschen der Gen Z und Millenials befragt, wie sie die Juweliere heute und in fünf Jahren aufgestellt sehen.  Der Juwelier heute ist ein klischeehaft altes Unternehmen, erscheint arrogant und man ist nicht unbedingt geneigt in das Geschäft zu gehen, weil es eine schleusenhafte Kontrolle am Eingang gibt. Innen gelangen die jungen, potenziellen Kunden in Verkaufsräume und erleben dort ein Geschäftsgebaren, das eher abstößt als einlädt. Der Luxus-Juwelier der Zukunft ist digitaler, moderner, jünger, achtsamer. Wie würden etwa Apple oder Tesla Schmuck und Uhren verkaufen, sollten sich die Juweliere fragen. Bei Apple finden sie eine völlig andere Warenpräsentation, ein Spiel mit Licht und Farben, eine exzellente Einbindung der Digitalisierung und junge, moderne gut geschulte Verkäufer. Alle Produkte können dort angefasst und getestet, dann wunderbar online bestellt und nach Hause geliefert werden.

Graben sich die Juweliere mit Online-Shops nicht selbst das Wasser ab? Schließlich könnten die Hersteller sie umgehen und im Internet direkt an ihre Kunden verkaufen (also Direct-to-consumer, kurz DTC / D2C)?

Jan Döring: Der digitale Kanal ist eher für Information, Education und Entertainment. Er ist die Einfahrt in den Shop, zieht Kunden in das Geschäft. Ich persönlich würde keine Uhr für 10.000 Euro direkt Online kaufen. Die Vorstellung, ich ordere eine Rolex im Onlineshop, sie kommt im Karton und ich packe sie auf dem Küchentisch neben der Butter aus – das klingt etwas schräg. Das ist nicht der Wunsch der meisten Kunden. Sie wollen im Laden ein richtig schönes Erlebnis haben – welches aber über das Glas Champagner hinaus gehen sollte. Kurz: Digital ersetzt den Point of Sale (POS) nicht. Er bleibt im Luxus- und Schmuckbereich der wichtigste Touchpoint für den Verkauf und den Abschluss.  Der POS muss allerdings angepasst werden: Junge Verkäufer, coole Umgebung, Achtsamkeit und Style. Der Store muss so attraktiv sein, dass die führenden Luxus-Marken dort vertreten sein wollen – ein Juwelier of dreams, der Altes und Neues vereint.

“Jeder Juwelier muss seine Antwort auf die Digitalisierung finden. Wir sprechen viel über den Begriff phygital, also die Verbindung physischer und digitaler Markenerlebnisse.”

Jörg Meurer:  Die Verlockung, dass große Schmuck- und Uhrenmarken einen eigenen Online-Store aufbauen, ist groß. Ein guter Hersteller ist aber noch lange kein guter Händler. Dieses Lehrgeld haben schon einige bezahlt. DTC ist ein sich im Rahmen bewegendes Risiko für die Juweliere. Auf der anderen Seite sage ich klar: Es kann keinen nicht digitalen Juwelier mehr geben. Das ist keine Option. Jeder Juwelier muss seine Antwort auf die Digitalisierung finden. Wir sprechen viel über den Begriff phygital, also die Verbindung physischer und digitaler Markenerlebnisse. Das ist eine interessante und gestaltungsoffene Verbindung für einen Juwelier. Ein digitaler Showroom und spannende Newsletter können ihm durchaus neue Kunden bringen. Wir sprechen hier gerne von einem digitalen Schleppnetz. Wir haben einen Juwelier getroffen, der aus Hamburg ein bundesweit, digital getriebenes Geschäft für Siegelringe aufgebaut hat. Das funktioniert bestens, gerade auch bei jungen Leuten, die Siegelringe mögen, weil sie sich als Teil einer Mehrgenerationen-Familie begreifen und dies demonstrieren wollen. Bingo, für diese Geschäftsidee, die die junge Tochter eingebracht hat. Ein anderer Juwelier setzt auf das Thema Labor-Diamanten und damit auf Nachhaltigkeit, auch das kommt sehr gut an.

Wie können die Juweliere für Themen wie Nachhaltigkeit, Achtsamkeit und Purpose stehen, ohne unglaubwürdig zu wirken?

Jan Döring: Als Juwelier muss ich mein Sortiment blitzblank und sauber aufstellen. Juweliere und Hersteller sollten sich die Frage stellen, woher genau etwa die Diamanten und Perlen kommen. Viele Perlenzüchter sitzen im asiatischen Raum. Einkäufer können dort hinreisen und die Produktionsbedingungen anschauen, untersuchen und dokumentieren, wie nachhaltig dort produziert wird. Der Juwelier kann seine Marken auf Nachhaltigkeit überprüfen. Hier ist enormes Fachwissen wichtig. Wo etwa ist das Gold produziert worden, woher kommen die Diamanten?

Sie nennen in Ihrer Studie sechs Trends, die die Zukunft der Juweliere bestimmen werden: Nachhaltigkeit, Achtsamkeit, Individualisierung, Digitalisierung, Second Life und Casualisierung. Welcher Trend hat Sie am meisten überrascht?

Jörg Meurer: Second Life finde ich ein superspannendes Thema. Es ist sehr gut digital spielbar und kommt immer mehr aus der schmuddeligen Ecke der Pfandhäuser in Bahnhofsnähe heraus. Das Geschäft kann – siehe Chronext und der Erfolg mit Vintage-Uhren – deutlich professionalisiert werden. Wenn man Jahrgangsuhren verkauft, die Story hinter der Uhr kennt, weiß, wer sie früher getragen hat, die Uhr erstklassig zertifiziert und dann digital verkauft, ist dies ein hervorragendes Geschäftsmodell.

Welcher Betriebstyp hat in den kommenden Jahren das höchste Erfolgspotential? Wie muss ein Juwelier der Zukunft aufgestellt sein?

Jörg Meurer: Wir haben in unserer Studie sechs unterschiedliche Betriebstypen definiert. Spannend ist der sogenannte „Hersteller-Loyalist“, der sehr stark von seiner Markentreue zu Rolex oder Patek Philippe profitiert. Eine hohe Loyalität zu den Top Marken zu haben und zu halten, das ist enorm wichtig, um mit der Attraktivität der Marken gemeinsam zu wachsen. Das wird ein wichtiges Geschäftsmodell sein und bleiben. Das zweite erfolgreiche Modell lautet: All Business is local and it is getting even more local – etwa der Regionalchampion in einer mittelgroßen Stadt. Er sieht, dass 20 Kilometer um hin herum tausende von potenziellen Kunden leben, die das Einkommen und die Lust auf guten Schmuck oder Uhren haben. Wenn der Juwelier es schafft, diese Zielgruppe auf eine angenehme Art im Shop zu begeistern und mit einem digitalen Schleppnetz an sich zu binden, wird er Freund und Begleiter dieser Menschen. So ist der regionale Champion ein erfolgreiches Geschäftsmodell für die kommenden Jahre.


Abschließende Überlegungen

Der Luxusmarkt unterliegt aktuell bemerkenswerten Entwicklungen, die das Luxusverständnis, die Teilmärkte Uhren und Schmuck sowie das Konsumverhalten grundlegend beeinflussen. Sprechen Sie mit unseren Luxusexperten oder fordern Sie noch heute Ihre persönliche Kopie der „Juwelier der Zukunft“-Studie an.

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Endkundenstrategie. Groß denken!

Privater Endkunde als Takt- und Richtungsgeber für die erfolgreiche und wachstumsorientierte Marktbearbeitung in der Bauzulieferindustrie

Mit Blick auf die nächsten drei bis fünf Jahre betrachten 95 % der über 40 befragten Eigentümer, Geschäftsführer sowie Führungskräfte aus Marketing und Vertrieb von 16 namhaften Unternehmen aus diversen Branchen der Bauzulieferindustrie den privaten Endkunden als eine zentrale Zielgruppe für eine weiterhin erfolgreiche und wachstumsorientierte Marktbearbeitung. Diese im Vergleich zu heute signifikant steigende Relevanz des privaten Endkunden führt zu neuen und komplexen Themenstellungen, wie z. B. endkunden-orientierte Markenpositionierung und -erlebnis, endkunden-gerechte Customer Journey und Experience, Endkunden Customer Insights & Lead Management, endkunden-orientierte Mitarbeiterkompetenzen und Mindset etc., mit denen sich die Hersteller der Bauzulieferindustrie in Zukunft im Rahmen der Endkundenstrategie intensiv beschäftigen müssen.

Richtungsweisende Erkenntnisse zur inhaltlichen Ausgestaltung der Endkundenstrategie aus Konsumgenerationen-Studie

Eine aktuelle Studie (2022), die im Rahmen des 9. KEYLENS Kompetenzprojekts unter über 1.000 privaten Endkunden aus den fünf gegenwärtigen Konsumgenerationen (Gen Z bis Silent Generation) zu ihren Werteeinstellungen sowie dem Informations-, Entscheidungs- und Kaufverhalten durchgeführt wurde, offenbart wichtige Erkenntnisse für die (Weiter-)Entwicklung der endkunden-orientierten Marktbearbeitung – startend von einer endkunden-orientierten, generationen-spezifischen Markenpositionierung, über endkunden-gerechte Customer Journeys bis hin zu einem durchgängigen Endkunden-Lead Management-Prozess.

Bekannte Marke für den privaten Endkunden als Orientierung wichtig
Produkte bekannter Marken sind dem privaten Endkunden beim Neubau oder der Renovierung über alle Gewerke hinweg wichtig. Während die Markenrelevanz der Gen X und Silent Generation um bis zu 10 %-Punkte über dem Durchschnittswert aller Generationen liegt, ist sie bei der Gen Z über alle Gewerke hinweg am geringsten.

Hersteller ein zentraler Anlaufpunkt bei der Informationssuche
Private Endkunden informieren sich bei den Herstellern meist vorab online (z. B. im Konfigurator) und/oder offline (z. B. im Showroom) über die Materialen und Produkte. Wie bei der Markenrelevanz liegt auch bei der Vorab-Information die Gen X deutlich über dem Durchschnittswert aller Generationen (bis zu 8 %-Punkte), während die Gen Z über alle Gewerke hinweg das geringste Bedürfnis nach Vorab-Informationen bei den Herstellern verspürt.

Der Fachhandwerker bei der finalen Kaufentscheidung meist mit dem letzten Wort
Trotz der hohen Markenrelevanz sowie der hohen Relevanz von Vorab-Informationen vertrauen gewerke-übergreifend fast zwei Drittel aller privaten Endkunden bei der finalen Kaufentscheidung auf die Erfahrung und die Kompetenz des entsprechenden Fachhandwerkers oder des beauftragen Planers/Architekten.

Zielkontinuum Endkundenstrategie: Von Marken-Awareness bis Partizipation am Customer Lifetime Value

Für eine erfolgreiche Endkundenstrategie in der Bauzulieferindustrie gibt es keine allgemeingültige Vorlage. Relevanz, Zielsetzung und damit auch inhaltliche Ausgestaltung sind einerseits abhängig von der Größe des emotionalen/finanziellen Endkunden-Interesses und andererseits von der Beschaffenheit des Leistungsangebots (einmalig vs. kontinuierlich). Mit steigendem Endkunden-Interesse und größerer Kontinuität des Leistungsangebots erhöht sich auch die Relevanz einer Endkundenstrategie für die Herstellerunternehmen (siehe Grafik).

Entsprechend der Relevanz des Themas Endkundenstrategie lässt sich ein Zielkontinuum definieren, in dem sich die Unternehmen verorten müssen:

Geringere Relevanz Endkundenstrategie: Mehr Marken- Awareness und Erzeugung eines stärkeren Pull-Effektes durch den Endkunden im mehrstufigen Vertrieb (z. B. Social-Media-Aktivitäten) als Ziel – der Endkunde ist hier nur ‚Mittel zum Zweck‘, Hauptgeschäftspartner der Hersteller bleiben weiterhin Fachhandwerker und Handel.

Höhere Relevanz Endkundenstrategie: Stärkere Partizipation am Customer Lifetime Value – der Endkunde ist das Ziel und steht mit dem Hersteller in kontinuierlicher oder wiederkehrender, direkter Beziehung (z. B. Endkunden- Serviceverträge). Der Endkunde wird je nach Ausgestaltung der endkunden-orientierten Marktbearbeitung eine deutlich aktivere und damit wichtigere Rolle bei den Herstellern einnehmen.

Unsere Handlungsempfehlungen: Der KEYLENS-Ansatz ‚Endkundenstrategie‘

Der KEYLENS-Ansatz zur (Weiter-)Entwicklung einer Endkundenstrategie besteht prinzipiell aus drei Schritten, deren Module in Abhängigkeit von der individuellen Unternehmenssituation mit unterschiedlicher Priorität und Intensität angewendet werden: 1) Rahmenbedingungen für die Endkundenstrategie analysieren; 2) Übergeordnetes Endkundenzielbild definieren; 3) Strategische Bausteine für die Endkundenstrategie ausarbeiten.

Zusammen geben die detaillierten Rahmenbedingungen sowie das konkretisierte Zielbild die Richtung vor, welche strategischen Bausteine im Rahmen der Ausarbeitung der Endkundenstrategie nun mit welcher Priorität sowie Intensität bearbeitet werden müssen. Im Folgenden sind hier auszugsweise vier der neun strategischen Bausteine aus den beiden Blöcken endkunden-orientierte und -relevante Marktbearbeitung (WAS) sowie endkunden-orientiertes Betriebsmodell (WIE) kurz konkretisiert:

WAS: Marke endkunden-relevant inszenieren und aktivieren
Glaubwürdig sein, Endkundenbedürfnisse in der Markenpositionierung verankern und eine konsistente Markenwahrnehmung entlang aller Kontaktpunkte schaffen.

WAS: Kommunikations- und Vertriebsaufgaben nachgelagerter Vertriebsstufen übernehmen
Aufgaben im Pre-Sales (z. B. Inspiration, Präsentation, Beratung), Sales (z. B. Ersatzteile) und After-Sales (z. B. Wartung) proaktiv übernehmen, die bis dato fast ausschließlich beim Handel/Verarbeiter lagen.

WIE: Klare Verantwortlichkeiten schaffen, neue Prozesse und Steuerungslogiken definieren
Endkundenorientierung in die Aufbauorganisation mit klaren Verantwortlichkeiten, neuen übergreifenden Prozessen (z. B. Endkunden-Lead Mgmt.) und neuen KPIs zur Marketing- und Vertriebssteuerung integrieren.

WIE: Dem Endkunden ein Gesicht geben – Wissen aufbauen
Detailliertes Endkundenwissen (z. B. spezifische Bedürfnisse) aufbauen und notwendige IT-Lösungen zur Datenspeicherung/-analyse sowie zur differenzierten/(teil-)automatisierten Marktbearbeitung implementieren.

Lassen Sie uns einen Termin vereinbaren

Gerne würden wir mit Ihnen in die Diskussion zum Thema Endkundenstrategie in Ihrem Unternehmen einsteigen, Ihre Fragen gemeinsam diskutieren, Ihnen unsere Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Bauzulieferindustrie vorstellen und auf dieser Basis gemeinsam erste Ideen und Ansätze entwickeln. Lassen Sie uns einen virtuellen oder persönlichen Termin vereinbaren – Sie werden bereits von unseren ersten Diskussionen profitieren!

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von KEYLENS veröffentlicht, heute Teil der Prophet Germany GmbH


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Die digitale Transformation in Europa

Der Stand – und der Erfolg – der digitalen Transformation variiert weltweit beträchtlich, zwischen den digitalen „haves“ und „have-nots“ gibt es deutliche Unterschiede. Die aktuelle globale Studie von Altimeter, a Prophet company, liefert nicht nur Erkenntnisse zu den Unterschieden zwischen einzelnen Märkten, sondern gibt auch Auskunft über einige wichtige globale Entwicklungen in diesem Bereich. Der US-Markt beispielsweise schaut bereits größtenteils über die digitale Transformation hinaus. In den vergangenen zehn Jahren haben US-Firmen umfassend investiert, um veraltete Infrastruktur zu ersetzen und mehr Aktivitäten in die Cloud zu verlagern. Die Unternehmen konzentrieren sich jetzt auf strategische Innovationen wie zum Beispiel stärkere Kundenorientierung und die Entwicklung digitaler Produkte. China, das niemals mit veralteten Systemen zu kämpfen hatte, sprang direkt zu modernen Apps und immersiven digitalen Erfahrungen.

In Europa hingegen zeigen sich, was die digitale Reife angeht, große Unterschiede.  Während der britische Markt mehr dem US-Markt ähnelt, ist Deutschland mit seiner digitalen Transformation noch nicht ganz so weit. Die am weitesten fortgeschrittenen Firmen in Europa haben zwar denselben digitalen Reifegrad erreicht wie die Digital Leaders in China und den USA, das durchschnittliche europäische Unternehmen hinkt jedoch seinem weltweiten Vergleichsumfeld hinterher.

Europa holt bei der digitalen Transformation auf – doch schnell genug?

Wenn man die Daten von Altimeter genauer anschaut und einen Blick auf die Unterstützung digitaler Transformationsinitiativen durch die erste Führungsebene wirft, so wird in Großbritannien tendenziell eher ein CDO oder CIO und in Deutschland oder den USA eher dem CIO oder CEO zufällt. Außerdem vermelden mehr amerikanische und chinesische Firmen hervorragende Ergebnisse ihrer Transformationsprogramme, während eine etwas größere Zahl europäischer Unternehmen lediglich gute oder mittelprächtige Resultate berichtet.

Dies könnte daran liegen, dass die Transformationsansätze europäischer Firmen insgesamt etwas konservativer angelegt sind. So räumen z. B. deutsche Unternehmen der Einbindung der Mitarbeiter, digitaler Kompetenz und operativer Effizienz in ihrer Transformationsagenda genauso viel Priorität ein wie dem Faktor Wachstum. Innovation ist dagegen eher nachgeordnet. US-Firmen sind in ihren Transformationsprogrammen im Vergleich zu ihren europäischen Pendants erheblich stärker auf Rentabilität und Umsatz fokussiert.  Viele europäische Unternehmen scheinen sich stark darauf zu konzentrieren, mit ihren Partnerfirmen und Wettbewerbern Schritt zu halten. Dies gilt insbesondere für Deutschland.  Die Vermutung liegt nahe, dass etliche etablierte europäische Unternehmen immer noch damit beschäftigt sind, für die Zukunft erst einmal ein digitales Fundament aufzubauen.

Britische Unternehmen geben am ehesten zu Protokoll (69 Prozent), dass sie die digitale Technologie als Chance verstehen, effizienter zu werden. Darin scheint sich zumindest teilweise die Notwendigkeit widerzuspiegeln, beim Produktivitätslevel den Rückstand gegenüber den USA (46 Prozent), Deutschland (42 Prozent) und China (52 Prozent) aufzuholen.

Insbesondere deutsche Unternehmen (58 Prozent) räumen Investitionen in digitale Technologie Priorität ein, um veraltete oder überholte Technologie zu ersetzen. In Großbritannien sind es 40 Prozent, in den USA 39 Prozent und in China 18 Prozent.

Europa investiert langfristig, Großbritannien übernimmt agile Arbeitsmethoden

Im Vergleich zu US-Firmen legen europäische Unternehmen ihre Transformationsinvestitionen längerfristig an. Mindestens 40 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland und Großbritannien gehen davon aus, dass es mindestens zwei Jahre dauert, bis diese Investments positive Ergebnisse erkennen lassen. In den USA sind es dagegen nur 31 Prozent. Ein Grund für diesen längeren Zeithorizont ist der relative Mangel an ausreichend digital geschultem Personal. In Deutschland und Großbritannien ist dies ein größeres Problem als in China oder den USA.

Aber natürlich darf man Europa nicht als einen monolithischen Markt betrachten. Zwischen Großbritannien und Deutschland beispielsweise gibt es substanzielle Unterschiede. So haben sich die befragten britischen Firmen besser an die digitale Transformation angepasst; sie haben agile Arbeitsmethoden in größerem Umfang übernommen als deutsche Unternehmen, deren Kulturen stärker prozessgesteuert sind. Datensilos stellen in Deutschland ein wesentlich größeres Problem dar als in Großbritannien, das im Bereich Data Science eine führende Rolle einnimmt.

In Deutschland wird beim Thema Digital Marketing immer noch hauptsächlich an Werbekampagnen gedacht. Was die Schaffung einer Customer Experience angeht, liegt das digitale Marketing dagegen in beiden Ländern unter dem Durchschnitt. Auch die Prioritäten, die für die Zukunft gesetzt werden, unterscheiden sich. Im Rahmen der digitalen Transformation legen britische Firmen weniger Wert auf die Einstellung und Schulung von Mitarbeitern, während in Deutschland Änderungen des Geschäftsmodells weniger wahrscheinlich erscheinen. Cybersicherheit und die Inanspruchnahme von Clouds haben in Großbritannien hohe Priorität, während in Deutschland funktionsübergreifende Kooperationsplattformen weniger bedeutend sind.

Konzentrieren Sie sich nicht auf die Infrastruktur, sondern auf den Aufbau eines agilen Unternehmens

Sowohl unsere Untersuchungen zur digitalen Transformation als auch unsere Markterfahrung lassen den Schluss zu, dass Unternehmen besser damit gedient ist, wenn sie sich auf organisatorische Veränderungen und größere Agilität konzentrieren und weniger auf die Aktualisierung der Infrastruktur. Diese Aufgabe ist niemals abgeschlossen, denn Infrastruktur entwickelt sich letztendlich stetig weiter. Demgegenüber tragen eine stärkere organisatorische Anpassungsfähigkeit und Agilität dazu bei, dass sich Unternehmen besser an fortlaufende Veränderungen anpassen und sie sogar proaktiv vorantreiben können.

Diese Herausforderungen auf die richtige Weise anzugehen, ist von zentraler Bedeutung. Unternehmen sollten dabei folgenden dreistufigen Ansatz verfolgen:

  1. Digitales Benchmarking: Führen Sie ein schnelles Heatmap Assessment durch, um unternehmensweit den digitalen Reifegrad zu bestimmen. Stellen Sie fest, wo es Möglichkeiten zur Verbesserung gibt, und wie Ihr Unternehmen gegenüber der Best-in-Class-Reife abschneidet, und zwar sowohl in Ihren Märkten als auch weltweit.
  1. Digitale Immersion: Führen Sie in Ihrem Unternehmen mit den wichtigsten Stakeholdern einen oder mehrere digitale Innovationsworkshops zu den neuesten digitalen Trends durch. Beziehen Sie sich dabei nicht nur spezifisch auf Ihre Branche, sondern greifen Sie auch auf Erkenntnisse aus anderen Sektoren zurück. Loten Sie die Kunst des digital Machbaren aus, um zu ermitteln, wie sich Ihre eigene digitale Transformation verbessern lässt.
  2. Digitale Mobilisierung: Erstellen Sie eine Vision und eine Roadmap zur digitalen Transformation – oder überarbeiten Sie bereits bestehende – und stellen Sie sicher, dass alle im Rahmen der Roadmap definierten Initiativen mit einem wirtschaftlichen Wert verknüpft und Tracking-Mechanismen vorhanden sind. Mit Letzterem soll gewährleistet werden, dass dieser Wert auch realisiert wird.

Abschließende Überlegungen

Blickt man in die Zukunft, müssen Unternehmen in Europa, insbesondere in Deutschland, vielfach dieselben Herausforderungen angehen. US-Firmen, und die digital reiferen Unternehmen in Europa, sind bereits dabei, diese Herausforderungen zu überwinden. Im Einzelnen bedeutet dies den Abbau von Datensilos, die Umwandlung von Rohdaten in umsetzbare Erkenntnisse und die Übernahme agilerer Arbeitsmethoden.

Wie weit ist Ihr Unternehmen wirklich in der digitalen Transformation? Setzen Sie sich noch heute mit uns in Verbindung, wenn Sie wissen möchten, wo Sie stehen und wie Sie sich wandeln müssen, um das Potenzial Ihres Unternehmens in vollem Umfang freizusetzen.

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Sieben Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Markenmigration

Die weltweiten M&A-Aktivitäten befinden sich in diesem Jahr auf Rekordniveau und sollen im Jahr 2022 sogar noch weiter zunehmen. Damit wird „Post Merger Integration“ (PMI) ganz oben auf der strategischen Agenda vieler Unternehmen stehen und die Aufmerksamkeit und Ressourcen der Führungskräfte massiv fordern, sowohl in Bezug auf Finanzinvestitionen als auch Mitarbeiter. Der Erfolg oder Misserfolg von PMI entscheidet darüber, ob der Business Case für eine Akquisition aufgeht.

Während die meisten Unternehmen etablierte Prozesse für die Integration von IT-Systemen, Personalmanagement, Finanzberichten und anderen wichtigen Geschäftsabläufen etabliert haben, ist die Markenmigration ein häufig unterschätzter Faktor für eine erfolgreiche Integration. Und die Folgen dieser Vernachlässigung könnten verheerend sein. Der Wechsel von einer vertrauten zu einer neuen Marke ist für Kunden, Geschäftspartner, Mitarbeiter und alle anderen, die positive Erfahrungen mit dieser Marke gemacht haben, disruptiv und verängstigend.

Typische Fehler bei der Markenmigration

In den letzten drei Jahrzehnten haben wir bei Prophet zahlreiche Organisationen bei der Markenmigration nach einer Übernahme oder Fusion unterstützt und dabei gelernt was funktioniert – und was nicht. Obwohl jedes PMI-Szenario einzigartig ist und einen maßgeschneiderten Ansatz erfordert, gibt es unabhängig von Branche, Region oder Marktdynamik gemeinsame Grundregeln.

Beginnen wir mit einigen der häufigsten Fehler, die bei der Markenmigration nach einer Übernahme oder Fusion gemacht werden:

  • Markenmigration den Marketing- oder Kommunikationsteams überlassen
  • Markenmigration als bloße Umbenennungs- Maßnahme positionieren
  • Mit der Planung der Markenmigration nicht bis nach dem Vertragsabschluss warten
  • Markenmigrationsplan ohne detailliertes Kunden Feedback erstellen
  • Ein festes Enddatum für die Markenmigration definieren, ohne alle Wirkungszusammenhänge verstanden zu haben

Unterläuft auch nur einer der oben genannten Fehler, dann endet die Markenmigration häufig in einer Katastrophe.

Die wichtigsten Zielstellung und Erfolgsfaktoren

Eine erfolgreiche Markenmigration beginnt mit der Definition geeigneter Ziele. Zusätzlich zu den unternehmensspezifischen Zielen haben sich diese drei generischen Markenmigrationsziele als sehr wertvoll erwiesen, um alle damit verbundenen Aktivitäten in die richtige Richtung zu lenken.

Die Markenmigration muss:

  • die Nutzung von Synergien, die aus der Fusion erwartet werden, erleichtern und ermöglichen
  • inkrementelles Wachstum freisetzen
  • so erfolgen, dass der Verlust wichtiger Kunden, Geschäftspartner oder Mitarbeiter vermieden wird

Auf der Suche nach einem Erfolgsrezept können wir aus zahlreichen Markenmigrations-Projekten schöpfen, an denen Prophet bisher beteiligt war.

Das sind die sieben wichtigsten Erfolgsfaktoren der Markenmigration:

1.Priorisieren Sie das Thema Marke frühzeitig

Machen Sie Markenüberlegungen von Anfang bis Ende des M&A-Prozesses zu einem festen Thema, dazu gehört:

  • Markenfit bereits beim Target-Screening als Filterkriterium nutzen
  • Bedenken von Mitarbeitern und Kunden genau verstehen, bevor mit der Markenmigration begonnen wird
  • Bereits während der Due Diligence Markenwerte der zu akquirierenden Marke und deren Migrationsfähigkeit bewerten

2.  Definieren Sie Zielbild und Umsetzungsplan

Entwickeln Sie schon frühzeitig (während oder direkt nach der Due Diligence) einen Markenmigrationsplan. Definieren Sie das Zielbild für das Markenportfolio nach der Migration, und nehmen Sie dieses bereits in den LOI sowie später in den Vertrag auf.

3.    Verbinden Sie die PMI-Arbeitsstränge Markenmigration und Personal/Kultur

Die Markenmigration ist nichts weniger als eine Geschäftstransformation für das übernommene Unternehmen. Marke und Kultur sind untrennbar miteinander verbunden und müssen in Bezug auf die organisatorische Integration in gemeinsam bearbeitet werden.

4.    Nutzen Sie die vorhandenen Werte

Übertragen Sie systematisch die Werte der nicht weitergenutzten Marke auf die überlebende Marke, indem Sie das Kundenerlebnis der überlebenden Marke mit Elementen der einzustellenden Marke anreichern. Erst wenn dieser Wechsel sattgefunden hat, kann die endgültige Umstellung stattfinden.

5.    Investieren Sie ausreichend

Investieren Sie vor dem Wechsel von der alten zur neuen Marke ausreichend Zeit und Ressourcen, um allen betroffenen Mitarbeitern die Vorteile der Markenmigration aufzuzeigen. Klären Sie alle Bedenken, die Mitarbeiter möglicherweise haben, damit diese sich befähigt und motiviert fühlen, die Umstellung zu unterstützen.

6.    Definieren Sie Erfolgskennzahlen

Definieren und verfolgen Sie Erfolgskennzahlen für die Markenmigration während des gesamten Prozesses. Der Übergang von einer Phase zur nächsten im Migrationsprozess sollte vom Erreichen vordefinierter Schwellenwerte abhängig gemacht werden (z.B. vom Bekanntheitsgrad der fortgeführten Marke bei Kunden der nicht weitergenutzten Marke).

7.     Machen Sie keine halben Sachen

Halten Sie nicht auf halbem Weg an. „Dual Branding“, also die Kombination beider Marken, kann ein notwendiger Zwischenschritt auf dem Weg zur vollständigen Migration sein. Doch auch wenn es verlockend ist, beim Dual Branding stecken zu bleiben, weil es intern und extern den geringsten Widerstand erzeugt, stellt es selten die langfristig effektivste Lösung dar. Es hindert in der Regel die stärkere der beiden Marken daran, ihr volles Potenzial zu entfalten. Wenn Sie neugierig und an weiteren Informationen zu diesem Thema interessiert sind, kontaktieren Sie uns noch heute.


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Ausgerechnet Maserati!

Wie verkauft Maserati 127 Neuwagen? Klingt nach einer mittelguten Scherzfrage, hinter der sich aber eine sehr ernsthafte Antwort verbirgt. Die italienische Sport- und Luxuswagenschmiede, die man gemeinhin als im Marketing eher klassisch markengetrieben und noch an die (alleinige) Kraft von Hochglanzanzeigen glaubend wähnt, ist einen gänzlich anderen Weg gegangen: Maserati ist als Luxusmarke weiter in seinen Social Media-Aktivitäten als viele andere. 6 Mio. Follower verzeichnet allein der Facebook-Account, Instagram kommt auf fast 12 Mio. Abonnenten. Diese starke Kontaktbasis nutzte die Marke für eine digitale Abverkaufskampagne, die in mehreren Schritten zum eineindeutig nachweisbaren Verkauf von 127 Neuwagen führte: Ausgangpunkt war ein bezahlter Werbepost mit kurzem Werbevideo auf Facebook und Instagram. Die Follower, die den gesamten Clip angesehen hatten, wurden systematisch getrackt. Damit erreichte Maserati in Summe qualifizierten Kontakt mit über 4 Millionen (von 17,6 Mio) Facebook- und Instagram-Followern/Abonnenten.

Nächster Schritt war die Abfrage der Lead-Daten mit 1-Click-Forms von Instagram und Facebook über die Target-Kampagne. Damit konnten 21 Tausend qualifizierte Leads generiert werden. Das sind zwar nur 0,5% der 4 Mio. Ausgangskontakte, aber immerhin ein Viertel der Münchener Allianzarena – und das als (vor-)qualifizierte Interessenten für ein Luxusprodukt. An diese Leadbasis konnten schließlich über die Händler 127 Fahrzeuge verkauft werden, die eindeutig einem vorher gepflegten Lead zuzuordnen sind, was wiederum eine Conversion von 0,6% bezogen auf die vorqualifizierten Leads bedeutet.

Was Maserati hier tut, ist Ausdruck einer modernen Form der Gewinnung von Neukunden durch Luxusmarken. Und um hier gleich mit einem potenziellen Missverständnis aufzuräumen: dies bedeutet nicht „pure digital“ und Abkehr von allen analogen Touchpoints. Für die Konvertierung der digital vorqualifizierten Leads brauchte auch Maserati natürlich seine Händler und auch Markenwerbung behält zukünftig eine Existenzberechtigung – doch was hier stattfindet, bedeutet eine Einbettung bekannter Maßnahmen in ein feines Räderwerk, das ein primär digitales Schleppnetz auswirft und seine Maschen über präzise definierte Qualifizierungsschritte immer enger zieht, bis der reale Kunde übrig bleibt.

Und so offenbart sich hier eine Methodik und Herangehensweise, die für die Neukundengewinnung von Premium- und Luxusmarken durchaus als „bold move“ verstanden werden kann und muss. Dies liegt schon allein daran, dass Luxury Lead Conversion, das gezielte Lead Management für Luxusmarken, mindestens 3 Disziplinen vereint:

  1. Kundenmanagement/CRM – d.h. Neukundengewinnung, Bestandskundenentwicklung, Segmentierung, Interessenten- und Kundenbeziehungsmanagement
  2. Marketing- (und Vertriebs-)planung, -budgetierung und -controlling – Go-to-Market-Strategie mit Marketing und Vertriebsfokus, konsequentes Funnel-Denken, klares Tracking/Erfolgsmessung
  3. Performance Marketing – digitales/online Direktmarketing gepaart mit umfassender Marketingautomation, um das digitale Schleppnetz tatsächlich zuziehen zu können.

Das ganze basiert zwingend auf einer starken Technologie- und Systemkomponente und wird maßgeblich digital umgesetzt (was bedeutet: analog bleibt relevant, muss aber möglichst digital kompatibel sein, d.h. es zählt, was als Kontakt identifizierbar ist). Wichtig sind zudem auch Content Management und naturgemäß rechtliche Aspekte (wegen Datenschutz).

Ein weiterer elementar wichtiger Punkt ist die Vertriebsstrategie: direkt zweistufig zum Kunden oder dreistufig über eine Händlerorganisation. Letzteres bedeutet besondere Herausforderungen für das Lead-Management, weil ein möglicherweise unabhängiger und damit nicht steuerbarer Händler mit seinen Mitarbeitern zentralen Einfluss auf die erfolgreiche Konvertierung der Leads hat. Best practices schaffen es hier, nicht nur Kontakte schrittweise vorzuqualifizieren, sondern diesen “Leads auf dem Elfmeter-Punkt” sogar einen Preis zu geben; sprich diese mit einem Preis versehen dem Händler zu verrechnen. 

Was hier in lockerer Prosa rüberkommt, sind Insights des aktuellen KEYLENS Luxus Kompetenzprojekts. Seit 3 Monaten arbeiten wir mit 13 Premium- und Luxusmarken intensiv an dem Thema. Ein erster, vorsichtiger Blick hinter die Kulissen zeigt noch mehr spannende Ergebnisse und Einsichten:

  1. Luxus Lead Conversion (LLC) ist keine Textbook-Disziplin: wie es geht, kann man nirgendwo nachlesen, höchstens Versatzstücke findet man – zumal für Luxusmarken. Es gibt nicht den Ansatz, es gibt nicht die allgemeingültige Methodik, es gibt nicht die Hochschule, nicht die Beratung, nicht die Agentur, die den Ansatz umfassend beschreibt und anbietet. LLC ist insofern stark personengetrieben. Digitale Geschäftsmodelle haben die Logik in der DNA, alle anderen sind vor allem dann gut, wenn es mindestens einen zentralen Kompetenzträger/ Change Agent in der Organisation gibt.
  2. Insofern schätzen wir den Anteil von Luxusmarken, die LLC konsequent und vor allem umfassend für ihre Neukundengewinnung nutzen, aktuell auf einen definitiv einstelligen Prozentsatz. Die Branche – zumal oft in Marketing, Vertrieb, Verkauf noch analog unterwegs – steht am Anfang.
  3. LLC ist stark integrativ und reißt die tradierten Grenzen ein zwischen Brand Marketing, Vertrieb, IT/Digital ein. Die hier erforderlichen Workflows passen nicht mehr ins Korsett starrer Abteilungsgrenzen. Der Chief Growth Officer der Zukunft braucht Querschnittskompetenzen!

Alles in allem bedeutet Luxury Lead Conversion auf der Marktseite einen der stärksten digitalen Veränderungstreiber für Luxusmarken; möglicherweise noch stärker als E-Commerce. Mit ganz neuen Tools, Denkansätzen und einer RoMI- und Performance-Logik, die gegen die Grundfesten eines branding-dominierten Luxusmarketing-Verständnisses anrennen.

Die Arbeit im Kompetenzprojekt geht derzeit weiter: mit dem Höhepunkt des Workshops Mitte Oktober am Tegernsee. Perfekte Atmosphäre für große Gedanken und Konzepte nach vorn!   

Die Teilnehmer des diesjährigen Kompetenzprojektes sind:

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von KEYLENS veröffentlicht, heute Teil der Prophet Germany GmbH


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Auf dem Weg zum Juwelier der Zukunft – richtungsweisende Brancheninitiative von sechs Luxusjuwelieren

Die Frage nach erfolgreichen Handelskonzepten der Zukunft hat die Luxusindustrie schon vor Corona bewegt und durch die z.T. monatelangen Schließungen von Läden noch deutlich an Bedeutung gewonnen.Doch wie erfolgreich bleiben, wenn Frequenzen einbrechen und die digitale Marktbearbeitung zwar in ihrer Bedeutung erkannt, aber noch nicht annähernd als Gegengewicht zur dominierenden stationären Präsenz entwickelt ist.

Unter dem Dach der 2020 von German Finest, dem Zusammenschluss der drei Luxusschmuck-Manufakturen Gellner, Jörg Heinz und Schaffrath, gemeinsam mit KEYLENS ins Leben gerufenen Brancheninitiative NEXT LEVEL hat sich im April eine zweite Juweliergruppe konstituiert. Ihr Ziel: richtungsweisende Zukunfts-Antworten zu finden und den Weg zu einem „Next Higher Level“ zu gehen. Es handelt sich um eine Gruppe von sechs reinrassigen deutschen Luxusjuwelieren, die als Rolex-/Patek-Konzessionäre und/oder mit einem starken Schmuck-Footprint klar im Luxussegment positioniert sind: Juwelier Depperich aus Reutlingen, Kuhnle aus Fürth, Michels aus Dinslaken, Reuer aus Berlin, Vogl aus Aschaffenburg und Willer aus Hamburg.

Was macht ihn aus – den Juwelier der Zukunft? Dazu wurden von KEYLENS die 5 zentralen Eckpunkte zukünftig erfolgreicher Retail-Geschäftsmodelle im Bereich Luxusschmuck und -uhren umfassend analysiert und auf ihre Erfolgsfaktoren hin verdichtet:

  1. Wie verändert sich das Luxusverständnis und wie der Luxuskunde – insbesondere vor dem Hintergrund des NEO Luxus-Phänomens?
  2. Welche relevanten Markt-/Wettbewerbsveränderungen gibt es, wie bedeutend ist das D2C (Direct2Customer bzw. Own Retail)-Phänomen der etablierten Herstellermarken und welche neuen Player/Marken sind relevant, vor allem im Sinne der DNVBs – Digital Native Vertical Brands?
  3. Was bedeutet das ROPO (Research Online – Purchase Offline)-Phänomen für die Marktbearbeitung von Luxusjuwelieren, welches sind die wichtigsten digitalen Trends?
  4. Wie entwickelt sich der POS (Point of Sale) der Zukunft, was bedeutet die z.T. kritische Innenstadtentwicklung für Luxusjuweliere?
  5. Und i.S. einer Verdichtung der ersten 4 Eckpunkte: welche Typen erfolgreicher Luxusjuweliere wird es auf Basis der ermittelten Entwicklungen und Trends in 5 Jahren geben und auf welchen zentralen Werttreibern wird deren Geschäftsmodell beruhen?

Unter diesen 5 Themenblöcken wurde eine Reihe richtungsweisender Impulse und konkreter Antworten für die strategische Ausrichtung der Luxusjuweliere erarbeitet. Diese reichen vom “Hard luxury is back”-Phänomen, über eine Reihe junger, innovativer Uhren- und insb. Schmuckmarken (“enfant terribles”) bis zum “third place”-Konzept als Leitbild für den POS der Zukunft und einer neuartigen Typologie mit sechs konkreten Betriebstypen für erfolgreiche Luxusjuweliere der Zukunft.   

Neben den inhaltlichen Ergebnissen hatte auch das Arbeits-Format Kraft und war für die Branche innovativ. An drei aufeinanderfolgenden Montagen fanden intensive Tages-Workshops inkl. notwendiger Vor- und Nachbereitungen statt. Dies mit Teams der sechs Juweliere, den Luxus-Experten Dr. Jörg Meurer und Dr. Julia Riedmeier sowie den Luxury Retail-Experten Daniel Ohr und Oona Dornacher von KEYLENS.

Das Ganze in der klassizistischen, noch nahezu im Ursprungszustand befindlichen Gründerzeit-Villa der Familie Kuhnle in Fürth. Innovatives Wissen und Arbeiten an einem unnachahmlich klassisch-zeitlosen Ort. Dort – mit dem Geist einer ganz besonderen Juweliers-Runde – hat der Juwelier der Zukunft begonnen, konkrete Gestalt anzunehmen.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von KEYLENS veröffentlicht, heute Teil der Prophet Germany GmbH


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Verbessern Sie Ihre Strategie für digitalen Content – Drei Lehren für europäische Unternehmen

Unternehmen wissen sehr gut, dass qualitativ hochwertiger Content — fesselnd, personalisiert und in großem Maßstab bereitgestellt — ein wesentlicher Teil des modernen Marketings darstellt. Ob mit heiteren Memes oder ausführlichen Berichten gearbeitet wird – eine agile Content-Strategie baut Relevanz auf und lenkt die Aufmerksamkeit der Konsumenten auf die jeweilige Marke. Und sie etabliert Unternehmen als „Thought Leader“ in ihrer Branche.

Während Unternehmen weltweit immer komplexere Content-Strategien entwickeln, um Leads, Nachfrage und Umsatz zu generieren, kristallisierten sich in unserer letzten Untersuchung, bei der 484 Führungskräfte aus den USA, Europa und China befragt wurden, speziell in Europa einige zentrale Bereiche heraus, auf die sich die Unternehmen konzentrieren sollten, um die oben genannten Ziele zu erreichen. Im Folgenden skizzieren wir die drei Imperative für digitalen Content, die europäische Unternehmen angehen sollten:

1. Optimieren Sie Ihre Organisationsstruktur

Eine knappe Mehrheit — etwas über 50 Prozent — aller europäischen Unternehmen, die Gegenstand unserer Untersuchung waren, arbeiten mit einem zentralisierten Kreativteam, das Content über alle Abteilungen und Regionen hinweg managt. Dies ist keine Überraschung, denn für viele Jahre war dies das Modell der Wahl.

In der Vergangenheit gab es auch gute Gründe, die Produktion von Inhalten in einem zentralen Kreativteam zusammenzuführen. Dieses interne Agenturmodell ermöglichte eine bessere Kontrolle und sorgte für gleichbleibende Qualität und eine schnellere Produktionszeit. Als die Unternehmen digitaler wurden, bewegten sie sich weg von der Erstellung markenzentrierter Inhalte hin zu Content, der stärker in der Mitte des Sales Funnels verortet war, etwa mit Themen wie Thought Leadership oder mit Kaufinformationen.  Diese Faktoren waren mitentscheidend dafür, dass Unternehmen die Produktion von Content nicht an externe Agenturen vergaben.

Ein solches Modell trägt jedoch nur bis zu einem gewissen Punkt, und weil sich viele Unternehmen für das digitale Zeitalter rüsten und sich entsprechend wandeln, ändern sich die Bedingungen rasant. Eine Zentralisierung kann in diesem Zusammenhang die Fähigkeit einschränken, Content für die lokalen Gegebenheiten maßzuschneidern und signifikanten differenzierten Mehrwert zu generieren. Unsere Untersuchung zeigt, dass sich deutsche Unternehmen am stärksten auf einen zentralisierten Ansatz verlassen, der Wert liegt hier bei 60 Prozent. Im Vergleich dazu beträgt er in den USA 53 % und in China 44 %. Von den befragten europäischen Unternehmen gaben 27 % zu Protokoll, dass für sie die Abstimmung mehrerer Teams auf eine vereinheitlichte Content-Strategie die größte Herausforderung darstellt. In den USA erklärten dies 23 % und in China 15 %.

Die bessere Lösung: Zunehmend mehr Unternehmen — 32 % in unserer globalen Stichprobe — haben den zentralisierten Ansatz hinter sich gelassen und zusätzlich Content produzierende Zentren gegründet. Sie verfügen dabei häufig immer noch über ein zentrales Kreativteam, das einen Großteil der Content-Gesamtstrategie festlegt. Es entwickelt redaktionelle Qualitätsleitlinien und setzt diese durch. Zudem trägt es die Verantwortung für eine einheitliche visuelle und verbale Identität. Weiterhin kann es über die Technologie verfügen, die für die Erstellung datenbasierter Inhalte erforderlich ist, und stellt entsprechendes Training bereit. In diesem Training ist auch Thema, wie sich der Erfolg des Contents messen lässt.

Die Arbeit mit unseren Kunden in Europa hat gezeigt, wie nützlich diese Organisationsstruktur sein kann, um die individuellen Anforderungen zu erfüllen, die die verschiedenen Geschäftsbereiche und Regionen an Inhalte stellen. Für die europäischen Märkte, die häufig durch unterschiedliche regulatorische Vorgaben und Richtlinien gekennzeichnet sind, ist sie sogar essenziell.

2. Greifen Sie bei der Erstellung, Personalisierung und Messung des Erfolgs von Content auf die entsprechenden Daten und technologischen Möglichkeiten zurück

Die größte Herausforderung für die heutigen Content-Produzenten besteht darin, fortlaufend personalisierten Content im großen Maßstab zu produzieren — und dies auf eine Weise, die den Umsatz steigen lässt. Dafür müssen die Unternehmen jedoch nicht nur über die richtigen Inhalte verfügen. Sie sollten zur richtigen Zeit und über den richtigen Kanal an die richtige Person liefern. Dies wiederum erfordert mehr Daten und Automatisierung.

Trotzdem erklären 24 % der Unternehmen in Europa, dass ihre Lösung einfach darin besteht, mehr Content Creator einzustellen. In den USA sind es 18 % und in China 13 %. Content im großen Maßstab zu produzieren, erfordert jedoch mehr, als einfach die Zahl der Mitarbeiter zu erhöhen.

Nur 11 % der europäischen Befragten geben an, KI zu nutzen, um personalisierten Content in großem Rahmen und auf Grundlage KI-gesteuerter Kundensegmente und Analysen zu entwickeln und bereitzustellen. Im Vergleich dazu sagen dies in den USA 22 % und in China 25 %. In Deutschland wiederum beträgt der Wert lediglich 2 %, in Großbritannien liegt er bei 10 %.

Und gerade einmal 10 % geben an, dass sie zur Erstellung von Kundensegmenten auf AI-gesteuerte Analysen demografischer, verhaltensbezogener und psychografischer Daten zurückgreifen, die durch Daten Dritter ergänzt werden. In den USA beträgt dieser Wert 19 Prozent und in China 35 Prozent.

Europäische Unternehmen sind auch merklich konservativer, wenn es um die Nutzung von Verbraucherdaten geht. Sie weisen in stärkerem Maße auf den Datenschutz hin als Unternehmen aus anderen Regionen. Und dies aus gutem Grund, denn die Datenschutzgesetze in Europa sind strenger als in den USA oder China.

Die bessere Lösung: Unsere Untersuchung zeigt, dass der beste Ansatz darin besteht, in ein innovatives Set an Verfahren und Vorgehensweisen zu investieren, die ein agiles Content-System ausmachen. Diese Systeme

  • nutzen Daten, um sie in die Erstellung von Content einfließen zu lassen.
  • produzieren Content in Form von inhaltlichen Bausteinen, die kombiniert werden können.
  • zentralisieren und automatisieren die Speicherung von Content.
  • stellen ein Standarddesign-System bereit.
  • messen die Effektivität von Content über die Parameter „Awareness“ und „Engagement“ hinaus.

Europäische Unternehmen sollten sich stärker auf die Erstellung von Leitlinien konzentrieren, die klar festlegen, wie Daten genutzt werden dürfen. Was ist akzeptabel und weshalb? Wie unterscheiden sich Leitlinien für Inhalte, die auf die Konsumenten abzielen, von entsprechenden Vorgaben für den B2B-Bereich? Diese Fragen werden immer wichtiger, da die Unternehmen in Zukunft ohne Cookies auskommen müssen.

3. Nehmen Sie bei Kampagnen eine Feinabstimmung vor, um unterschiedlichen Regionen Rechnung zu tragen

Die europäischen Unternehmen haben schon lange verstanden, dass regionale Unterschiede bedeutsam sind und die Aspekte, die eine Marke in Portugal zum Erfolg führen, nicht zwangsläufig auch in Finnland funktionieren.

Aber in einer Welt voller digital gesteuertem Content und AI, die für jeden Markt feinabgestimmt werden können, haben diese Unterschiede nicht mehr die Bedeutung wie in der Vergangenheit. Häufig müssen sie heute als Entschuldigung für Inkonsistenzen herhalten, die eine Content-Strategie in ihrer Wirksamkeit einschränken.

Diese Disparitäten spiegeln sich auch in der Channel Effectiveness wider. Europäische Unternehmen sagen seltener, dass ihr Publikum mit ihnen über wichtige Social-Media-Kanäle in Kontakt tritt. Nur 37 % der europäischen Unternehmen geben an, Facebook liefere ihnen ihre höchste Engagement Rate, in den USA sind es dagegen 55 %. Nur 15 % nennen LinkedIn (20 % in den USA). Instagram hingegen wird interessanterweise von mehr europäischen Unternehmen als Quelle für Engagement angegeben (31 % im Vergleich zu 22 % in den USA).

Unternehmen in Europa nutzen als primäre Messgröße für Effektivität eher die Reichweite anstelle der weiter fortgeschrittenen Parameter, die in den USA und China zum Einsatz kommen. Unternehmen in Deutschland und Spanien schließlich lassen diese Messgrößen besonders häufig in kanalspezifischen Silos verschwinden (36 % bzw. 34 %).

Die bessere Lösung: Achten Sie bei der Entwicklung einer unternehmensweiten Digital-Content-Strategie auf unterschiedliche Standards und Anforderungen in den jeweiligen Regionen.  Welche Veränderungen lassen sich vornehmen, um in den Märkten eine größere Konsistenz zu erreichen, speziell im Hinblick auf Automatisierung und Erfolgsmessgrößen?


Abschließende Überlegungen

Europäische Unternehmen sind sich der Bedeutung des Contents in ihrer Geschäftsstrategie sehr wohl bewusst, aber um relevant zu bleiben und mit dem dynamischen digitalen Publikum Schritt zu halten, reicht die Produktion qualitativ hochwertiger Inhalte nicht länger aus. Sie müssen personalisiert und fesselnd sein und in der richtigen Größenordnung bereitgestellt werden.

Unsere Untersuchung zeigt, dass europäische Unternehmen in Bezug auf einige wichtige Kennzahlen zwar einschneidende Schritte unternehmen müssen, sie jedoch von einem effektiven und strategischen Ansatz für Digital Content besser profitieren können, wenn sie ihre Organisationsstruktur optimieren und die vorhandenen technischen Möglichkeiten und digitalen Daten stärker nutzen, um personalisierte Inhalte für unterschiedliche Kundensegmente und Regionen zu erstellen. Dann werden in der Folge in ausreichendem Maße Leads generiert, die Nachfrage steigt und der Umsatz schießt in die Höhe.

Prophet kann Ihre Content-Strategie einer Beurteilung unterziehen und dabei helfen, sie über die einzelnen Geschäftsbereiche und Regionen hinweg anzupassen. Wenn Sie weitere Informationen zur Skalierung Ihres Contents, zur Steigerung Ihrer Effizienz sowie zur Maximierung Ihres Wachstums erhalten möchten, kontaktieren Sie noch heute unsere Marketing & Sales Experten.

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Loyalitätsprogramme in der Bauzulieferindustrie

Partnerschaft auf Augenhöhe und gemeinsam Markt machen:

Handwerker-Bindungsprogramme können ein bedeutender Hebel für die Bindung und vor allem die Entwicklung der Handwerker sowie die Generierung von Daten und die Markenreichweite Richtung Endkunden sein!

Aber was benötigen Programme, um dies zu erreichen? Wie müssen sie ausgestaltet sein und wie können sie in der Vertriebssteuerung und in der Zusammenarbeit mit den Partnern eingesetzt werden? Und die Kernfrage: Wie erfolgreich nutzt die Bauzulieferindustrie dieses Tool bereits heute?

Um dies zu erfahren, hat KEYLENS im Rahmen der aktuellen Studie 450 Hersteller aus neun Gewerken (SHK, Bodenbeläge, Fenster-/ Türen-/ Bau- und Fassadenelemente, Elektroinstallation/ Gebäudeautomation, Dachbaustoffe, Bad/ Armaturen, Farben/ Lacke, Sonnenschutz/ Verdunkelung/ Licht sowie Baustoffe/ Dämmstoffe/ Bauchemie/ Bauspezialartikel) untersucht. Um die Ergebnisse zwischen den Gewerken vergleichbar zu machen, haben wir jeweils die 15 größten Unternehmen eines Gewerks, d. h. in der Summe 135 Hersteller, für die Zusammenfassung der Kernergebnisse berücksichtigt.

Das Fazit:

  • Nur 30 % der Herstellerunternehmen verfügen heute schon über ein Loyalitätsprogramm.
    SHK (53 %) ist Vorreiter. Deutlich unterrepräsentiert sind die Gewerke Farben & Lacke (20 %), Sonnenschutz, Verdunkelung & Licht (20 %) sowie Baustoffe, Dämmstoffe & Bauchemie (7 %).
  • 92 % der vorhandenen Programme sind Partnerprogramme.
    Der Trend zu individuellen wirklichen Partnerprogrammen (weg von reinen Bonusprogrammen) ist klar ersichtlich; jedoch sind bei einer Vielzahl der Programme bisher nur Ansätze von tatsächlichen Entwicklungsmaßnahmen der Partner integriert.
  • Für die Wahl der Programmart ist das Programmziel entscheidend.
    Dies muss die Basis für die Ausgestaltung des Programms sein. Programmziel kann z. B. sein: Kundenbindung, Umsatzwachstum, Steigerung der Markenpräsenz Richtung Endkunde, Qualitätssicherung oder Sortimentssteigerung.
  • Leistungen als Anreize müssen die Bedürfnisse der Händler/ Verarbeiter berücksichtigen und bespielen.
    „Money can’t buy“-Elemente wie z. B. Services werden immer wichtiger. 48 % der Programme bieten z. B. einen persönlichen Ansprechpartner und/ oder eine präferierte Servicebereitstellung. Auch innovative Unterstützungsmaßnahmen hinsichtlich Digitalisierung, Vermarktungsplanung und Leadgenerierung decken Bedarfe der Händler/ Verarbeiter.
  • Mehr als die Hälfte der Programme haben nur eine Stufe und sind somit nur ein bedingtes Steuerungsinstrument, um die Partner zu entwickeln.
    Insbesondere bei einer heterogenen Kundenstruktur (z. B. Größe der Unternehmen/ MA-Anzahl, Professionalisierungsgrad) kann ein Ausbau der Stufen eine wertvolle Programmerweiterung sein. Positiv ist, dass das Loyalitätsprogramm bei 60 % der Hersteller bereits als aktives Vermarktungsinstrument genutzt wird.

Entscheidend ist, dass die Konzeption des Loyalitätsprogramms ganzheitlich gedacht wird (siehe Abbildung). Man benötigt ein Anreizsystem (Push-Faktor) Richtung Händler/ Verarbeiter, um diese im Rahmen des Programms steuern und entwickeln zu können (unterschiedliche Stufen und Leistungen als Anreize), ergänzt um eine Ausweitung Richtung Endkunde (Pull-Faktor), um diese – gemeinsam mit den Händlern/Verarbeitern – zu gewinnen.

Auswertung im Detail (gewerkeübergreifend):

Bei der Vermessung der Landschaft der Loyalitätsprogramme und bei der Bewertung des Professionalisierungsgrads von Partnerprogrammen müssen sechs Komponenten betrachtet werden: Programmart, Leistungskomponenten als Anreizsystem, Programmeintritts- und Stufenkriterien, Mechanismen zur Umsatzerfassung im Rahmen der Datengenerierung, Stellenwert in der Kommunikation und die mögliche Integration des Endkunden.

Gewerkeübergreifend möchten wir Ihnen einen Einblick in die Studienergebnisse für diese Komponenten geben, inklusive der aus unserer Sicht wichtigsten Erfolgsfaktoren.

Programmart

Die Studie zeigt, dass 92 % der Loyalitätsprogramme der Hersteller Partner- und/ oder Zertifizierungsprogramme sind. Nur bei 8 % handelt es sich noch um reine Bonusprogramme.

Es ist ausschlaggebend, dass die Wahl der Programmart auf das Programmziel ausgerichtet ist. Ist es das alleinige Ziel, Daten zu sammeln, kann ein Bonusprogramm die richtige Wahl sein. Hierbei werden erstmals u. a. Umsatzdaten der Händler/ Verarbeiter generiert. Ist das Ziel eine Umsatzsteigerung durch die gezielte Entwicklung von Partnerschaften, braucht ein Partnerprogramm Anreizsysteme und spezifische Entwicklungsmaßnahmen, wie z. B. Leadgenerierungsaktivitäten.

Leistungskomponenten als Anreizsystem

Die Loyalitätsprogramme der 15 größten Unternehmen je Gewerk in der Bauzulieferindustrie verfügen im Vergleich zu allen am Markt bestehenden Programmen über ein breites Leistungsangebot und sind ausgerichtet auf Wachstum und Qualität: 63 % der Programme bieten Vermarktungsmaßnahmen, 60 % integrieren ein Schulungsangebot. Aber auch „Money-can’t-buy“-Leistungen, wie z. B. ein persönlicher Ansprechpartner/eine bevorzugte Beratung (48 %) und exklusive Events (35 %), werden bei wenigen Programmen als Anreize genutzt.

Das Leistungsportfolio ist das Herz eines Loyalitätsprogramms. Wenn dieses nicht von der Zielgruppe, den Händlern/ Verarbeitern, heraus entwickelt wird, kann das Programmziel mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht erreicht werden. Sounding Boards und initiale Partnerinterviews sind der Schlüssel für die Definition der Leistungen. Je individueller und exklusiver das Leistungsportfolio, desto höher die Erfolgswahrscheinlichkeit. So können exklusive Leistungen, wie z. B. Gremien für Produktentwicklungen, spezielle Newsletter und eine Fast-Lane-Servicebereitstellung, Anreize für eine Teilnahme und für Entwicklungen generieren.

Programmeintritts- und Stufenkriterien

Im Rahmen der Studie wurde ersichtlich, dass gut die Hälfte der Programme (ca. 55 %) nur über eine Programmstufe verfügen. Bei der Hälfte der Programme, bei denen wir es identifizieren konnten, gibt es keine Eintrittsbarriere. Somit ist der Programmzutritt hier für alle Händler/ Verarbeiter offen.

Auch bei diesem Eckpfeiler ist das Programmziel entscheidend. Bei dem Ziel der Datengenerierung ist es sicherlich wichtig, das Programm für alle Interessenten zu öffnen. Um zusätzlich weitere Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen, können darauf aufbauende Stufen genutzt werden. Klar definierte und vor allem konsequent eingehaltene Kriterien wie z. B. Umsatz, Loyalität, Wachstumsbereitschaft, Zertifizierung und Exklusivität sind dann Türöffner für das Erreichen weiterer Stufen. Für die Definition der Anzahl der Stufen sowie der Auswahl der Kriterien ist eine Kundensegmentierung sowie die Betrachtung von Heterogenität/ Homogenität der Händler/ Verarbeiter entscheidend.

Mechanismen zur Umsatzerfassung im Rahmen der Datengenerierung

Bei 21 Programmen konnten wir im Rahmen der Studie den Mechanismus der Umsatzerfassung ermitteln. Neun nutzen die Methode des Scannens von Codes im Rahmen einer App – dies ist insbesondere bei nicht kleinteiligen Produkten sinnvoll. Bei sechs Programmen werden die Lieferscheine eingereicht (über Fax, E-Mail, postalisch, Upload in einer App). Drei der Hersteller arbeiten mit Großhändlern zusammen, die von Händlern/ Verarbeitern ausgewählt werden und Umsätze am Monatsende digital an den Hersteller übermitteln.

Umsatzerfassung im Rahmen der Datengenerierung ist ein wichtiger Bestandteil vieler Loyalitätsprogramme in der Bauzulieferindustrie. Die unterschiedlichen Mechanismen bringen entsprechend Vor- und Nachteile mit sich. Die Zusammenarbeit mit Großhändlern ist aus Convenience-Sicht (kein Aufwand für Händler/ Verarbeiter) gut, jedoch braucht man hier u. a. ein Anreizsystem, damit sich die GH am Programm beteiligen – dies kann z. B. über eine Integration in das Preis- und Konditionensystem mit dem GH gelöst werden.

Stellenwert in der Kommunikation

Mehr als die Hälfte der Programme (ca. 60 %) werden in der Kommunikation aktiv beworben. Die anderen sind entweder im Online-Auftritt des Herstellers schwer zu finden oder werden nur bei expliziter Nachfrage erläutert. Bei ca. 15 % der Programme gibt es eine Programm-App und bei knapp ¼ erhalten die Partner ein Programm-Signet als Differenzierungsmerkmal.

Der öffentliche Präsenzgrad des Programms kann unterschiedlich gewählt werden. Mithilfe einer offenen und transparenten Kommunikation, insbesondere durch frei zugängliche Videos, Broschüren und eine allgemeine Marketing-Präsenz des Programms auf der Homepage, können Neukunden generiert und ein Interesse bei den Bestandskunden geschaffen werden. Insbesondere ist es wichtig, dem Außendienst überzeugende Kommunikationsmittel an die Hand zu geben – das Programm kann und sollte der Kommunikationspunkt Richtung Händler/ Verarbeiter sein. Dann wird es zum wichtigen Hebel der Vertriebssteuerung.

Integration des Endkunden

Nur 10 % der Programme integrieren bewusst und mit dezidierten Maßnahmen den Endkunden in das Loyalitätsprogramm. Teilweise werden digitale Leadgenerierungen mit dem Partner angegangen, hier ist ein klarer Trend ersichtlich.

Die Erweiterung des Loyalitätsprogramms um einen Pull-Faktor Richtung Endkunde ist noch nicht weit verbreitet bzw. beim Großteil der Programme noch nicht ganzheitlich gedacht. Aber insbesondere bei Produkten, die ein hohes Involvement des Endkunden haben, sollte dies heutzutage der Fall sein. Indem Kriterien hinsichtlich der Markendarstellung (Markenstärke durch Verbindung von Hersteller- und Händlermarke) in das Programm integriert werden, schafft man eine wahrnehmbare Steigerung der Markenpräsenz am Markt. Zielbilder, zum Beispiel für einen überzeugenden POS (u. a. Produktplatzierung, Beschilderung, Markendarstellung) oder für Social-Media-Kanäle, die auf Leadgenerierung ausgerichtet sind (u. a. Anzahl Posts mit Herstellerkennung durch Hashtags (#), qualitativ hochwertige Bilder), machen Hersteller und Händler zukunftsfähig für eine gemeinsame Endkundengewinnung.

Mehr Informationen zu Ihrem Gewerk:

Diese vorgestellte Auswahl der Ergebnisse ist gewerkeübergreifend. Lassen Sie uns gerne gemeinsam – inkl. konkreter Programmbeispiele – einen Blick auf Ihr Gewerk werfen und Maßnahmen identifizieren, wie Sie Ihr bestehendes Programm weiterentwickeln oder erstmals ein neues Programm konzipieren können.

Dieser Beitrag wurde ursprünglich von KEYLENS veröffentlicht, heute Teil der Prophet Germany GmbH


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